USA im Ausverkauf

Titelbild: © Alexander Limbach – stock.adobe.com

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Goldpreis nach Steigerungen im Korrekturmodus

Unordnung und frühes Leid

Man würde so gern bewahren. Doch da ist ein untergründiges Erzittern der Welt, und die Ahnung steigt auf, alles könne den Bach hinuntergehen. „Unordnung und frühes Leid“ betitelt Thomas Mann 1925 seine hellsichtige Novelle. Die Kurse pulverte es ein letztes Mal hinauf, dann krachten die Börsen am Schwarzen Freitag 1929, die Weltwirtschaftskrise war da.

Börse und Wirtschaft erleben gerade eine neue Phase der Unordnung. Die Kurse sind unten, doch womöglich ist das nur frühes Leid. Ein US-Präsident, der Morgen für Morgen mit neuen Botschaften überrascht, der in seinen Positionen hin und her springt, ein solcher Präsident verunsichert Menschen und Märkte. Vorgestern drohte Donald Trump, den Fed-Chef Jerome Powell zu feuern. Am nächsten Tag ruderte er zurück. Ähnlich agiert er beim Zollstreit mit China. Trump eskaliert, dann wieder zeigt er sich konziliant. Was gerade gilt, scheint von der Tagesform abhängig zu sein. Oder gehört es zum „Art of the Deal“, dessen Finesse Donald Trump in seinem gleichnamigen Buch vor Jahrzehnten erklärte?

Die Märkte haben diese Frage für sich beantwortet: Der Goldpreis eilte von Rekord zu Rekord. Aktien schlingern wild, der übergeordnete Trend zeigt nach unten. Dollarbestände werden von Vermögensverwaltern und Staaten in großem Stil abgebaut, der Kurs verfällt. Die USA werden ausverkauft.

In Deutschland kommen hausgemachte Probleme hinzu. Eine überbordende Bürokratie, steigende Abgabelasten, eine inkonsistente Klimapolitik, die kleinteilig bis in die Heizungskeller der Bürger hineinregiert, all das hat Folgen. Die neue Prognose des Internationalen Währungsfonds lautet für Deutschland: 0,0% Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt. Die geschäftsführende Bundesregierung rechnet mit Stagnation. Dafür sprudeln die Steuereinnahmen. Gegenüber dem Vormonat stiegen sie im März um 11,1%, gibt das Finanzministerium bekannt. Für das gesamte erste Quartal liegt das Plus bei 9,5%.

Last Man standing

Die Bedeutung von Jerome Powell, dem Chef der US-Zentralbank Fed, kann in der aktuellen Situation kaum überschätzt werden. Er ist natürlicher Gegenspieler Donald Trumps und Last Man Standing im Weltfinanzsystem. Je erratischer der US-Präsident agiert, desto verlässlicher muss der Zentralbanker reagieren, Handlungsforderungen („Zinsen runter!“), gar Drohungen abperlen lassen. Powells vordringliche Aufgabe im Amt ist, Inflation und Arbeitslosigkeit in den USA niedrig zu halten.

Um seine Aufgabe zu erfüllen, ist der Fed-Chef unabhängig. Der US-Präsident kann ihn aus politischen Gründen nicht entlassen. 1935 versuchte es ein Präsident und scheiterte damit vor dem Supreme Court. Die Überzeugung der Welt in die Stabilität der Reservewährung US-Dollar, die letztlich nur bedrucktes Papier ist, steht und fällt mit dem Glauben an die Unabhängigkeit der Fed und die Rationalität der Entscheidungen des 72jährigen.

Im nächsten Jahr werden die USA 9 Bio. USD refinanzieren müssen. Um die nötigen Staatsanleihen platzieren zu können, brauchen Trump und Powell das Vertrauen der Welt. Jüngst gesprochene Sätze von Donald Trump helfen da wenig: „Powells Kündigung kann nicht schnell genug kommen!“ Und: „Ich bin nicht glücklich mit ihm und lasse ihn das wissen. Wenn ich ihn draußen haben möchte, wird er rasch draußen sein. Sehr rasch.“

Bislang lässt Powell sich nicht aus der Ruhe bringen. Er kommt aus einer wohlhabenden, katholischen Familie. Der Vater war Anwalt, die Mutter Statistikerin. Powell studierte in Princeton, machte Geld an der Wall Street. Trump installierte ihn in seiner ersten Präsidentschaft an der Spitze der Fed: „Er ist stark, er ist engagiert, und er ist klug.“ Mittlerweile bereut der Präsident seine damalige Entscheidung offensichtlich. Der Fed-Chef ist ihm zu stark, zu engagiert und vielleicht auch zu klug.

Mehr Rendite, weniger Risiko

Der Finanzökonom Robert Haugen hat herausgefunden, dass Aktien mit geringerem Risiko, welche im Allgemeinen eine geringere Schwankungsbreite beim Kurs aufweisen, eine höhere Rendite haben als Aktien mit höherem Risiko. Das widerspricht der landläufigen Meinung, dass jemand, der einen hohen Gewinn am Aktienmarkt erzielen möchte, dafür ein hohes Risiko eingehen muss.

Das Phänomen wird Volatilitätsanomalie genannt und ist bislang nicht restlos verstanden in der Wissenschaft. Der praktizierende Anleger braucht allerdings auf die exakte Aufschlüsselung des Phänomens nicht zu warten, kann er sich doch heute schon die mutmaßlichen profitierenden Aktien anschauen.

Die Allianz (WKN: 840400) hat die niedrigste Volatilität im DAX und ist zugleich der größte Dividendenzahler im deutschen Leitindex. Deutsche Telekom (WKN: 840400) und Deutsche Börse (WKN: 581005) sind der Allianz dicht auf den Fersen. Die Unternehmen haben ein solides Geschäftsmodell. Die Telekom profitiert fortgesetzt von der Digitalisierung. Die Deutsche Börse ist Trump-Gewinner: Wird hektisch gehandelt, fallen Handelsgebühren an. Munich Re (WKN: 581005) zahlt verlässlich Dividenden und passt als Rückversicherer die erhobenen Beiträge gemäß der Schadenslage an. Es ist ein im wahrsten Sinne des Wortes sicheres Geschäft. Scout24 (WKN: A12DM8) betreibt ImmoScout24, eine Immobilien-Handelsplattform im Netz. Da Währungen inflationieren, schauen Investoren verstärkt nach Grund und Boden; gut für den Marktführer aus München.

Zu den Märkten

Die Kursentwicklung wird mehr und mehr zu einem unknackbaren Rätsel. Das kann auch nicht anders sein, denn die Lösung liegt im Kopf eines Mannes – Donald Trump. Nun ist es leider nicht so, dass Börsianer einfach in dessen Kopf rutschen könnten, wie John Cusack im Hollywood-Klassiker „Being John Malkovich“ (1999), um sich dort einmal umzusehen. Das allerdings bleibt eine Illusion und ob es weiterhelfen würde, steht auf einem anderen Blatt Papier. So wird das Innenleben unter der blonden Haartolle auch weiter ein Rätsel sein. Im Prinzip ist jederzeit alles möglich, sogar das Gegenteil. Wie kann man als Anleger damit umgehen. Eine Möglichkeit wäre, sich immer an das jeweils aktuelle Ding aus Washington anzupassen. Längere Trends sind angesichts der Frequenz der Richtungswechsel aber eher unwahrscheinlich. Und da man fast schon darauf vertrauen kann, dass sich die Richtung kurze Zeit später erneut ändern wird, wäre es überlegenswert, das Gegenteil von dem zu tun, was an den Märkten passiert, weil schon bald die nächste Korrekturmaßnahme erwartet werden kann. Wem das zu hektisch ist, der könnte sich einfach gute Dividendenwerte ins Depot legen und ansonsten die Füße stillhalten.

Deutsche Dividendentitel: heute freenet AG

Die freenet AG (WKN: A0Z2ZZ) befindet sich aktuell in einer spannenden Phase. CEO Christoph Vilanek, der das Unternehmen seit 2009 erfolgreich geführt hat, wird seinen Ende 2025 auslaufenden Vertrag nicht mehr verlängern. Trotz dieser einschneidenden Veränderung zeigt sich freenet operativ stark: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Gewinn je Aktie von 0,53 EUR auf 0,60 EUR – ein Zeichen für eine solide Geschäftsentwicklung. Auch der Aktienkurs selbst befindet sich seit Mitte letzten Jahres in einem stabilen Aufwärtstrend und erreichte kurz vor dem April-Desaster (Trump/Zölle) ein neues Allzeit-Hoch. Der größte nationale Mobilfunkanbieter ohne eigenes Netz beschreibt sich selbst als „Digital Lifestyle Provider“, lesen Sie mehr dazu im kommenden Smart Investor 5/2025.

In Sachen Dividendenpolitik kann freenet durch eine langfristig stabile und aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik überzeugen. In den vergangenen fünf Jahren wurde die Dividende kontinuierlich gesteigert – einzig im Corona-Jahr 2020 erfolgte eine deutliche Kürzung. Für die kommende Hauptversammlung planen die Büdelsdorfer nun, eine Dividende von 1,97 EUR je Aktie auszuschütten. Beim aktuellen Aktienkurs von 35,25 EUR entspricht das einer attraktiven Dividendenrendite von rund 5,6%. Besonders interessant für Buy&Hold-Anleger: Die Dividende wird vollständig aus dem steuerlichen Einlagekonto gemäß §27 KStG gezahlt, was bedeutet, dass sie nicht der Abgeltungssteuer unterliegt – zumindest, solange die Aktien nicht verkauft werden. Wer am 16. Mai 2025 in den Genuss der einjährigen Gewinnausschüttung kommen möchte, sollte sich die Aktie bis zum Ex-Datum 14. Mai 2025 ins Depot legen.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie diesmal vorab den ersten Teil unseres Monatsberichts inkl. Tabellen zum Musterdepot, den sie auch im brandneuen Smart Investor 5/2025 nachlesen können. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Fed-Chef Jerome Powell ist zurzeit so etwas wie der Fels in der Brandung. Verständlich, dass die Märkte nervös werden, wenn US-Präsident Trump an seinem Stuhl sägt.

Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch

 

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