Kolumne
Gastbeitrag von Scott Berg, Portfoliomanager bei T. Rowe Price
Schwellenländer, die in den 1990er Jahren und während der BRICS-Ära in vielen Portfolios eine herausragende Rolle spielten, sind seit der globalen Finanzkrise zutiefst in Ungnade gefallen. Allerdings lassen sich erste Anzeichen einer Erholung erkennen. Aktien aus Schwellenländern haben seit 2008 eine massive Abwertung erfahren. Sie werden mit einem Abschlag von etwa 35% gegenüber ihren Pendants aus den Industrieländern gehandelt; ihr Gewicht in den globalen Indizes ist stark gesunken. Diese Aktien der Schwellenländer wurden durch einen starken Dollar in Mitleidenschaft gezogen, da die US-Zinssätze stiegen und länger auf einem höheren Niveau blieben; sie haben unter der schlechten Leistung der chinesischen Wirtschaft und des Aktienmarkts seit 2021 gelitten und wurden in den letzten Jahren durch die allgemeine Risikoscheu der Anleger wie auch die zunehmenden geopolitischen Spannungen belastet. Jetzt sind die Anleger mit einer zusätzlichen Unsicherheit durch die erwarteten Zölle der neuen US-Regierung konfrontiert.
Vielfältige Chancen
Doch die Sorgen um China und die Stärke des US-Dollars überschatten eine Reihe von Chancen, die weitaus vielfältiger sind als das Schlagwort „Schwellenländer“. Die allgemeine Schwäche dieser Region verschleiert die Outperformance Indiens gegenüber US-Aktien seit 2019, den Beitrag der Schwellenländer zum globalen Bruttoinlandsprodukt von etwa 60% (basierend auf der Kaufkraftparität) und den Zugang zu vielen der am schnellsten wachsenden und demografisch am stärksten begünstigten Nationen der Welt. Wir sehen beträchtlichen Aufwind für Segmente innerhalb der Schwellenländer und glauben, dass sich längerfristige strukturelle Rückenwindfaktoren mit kurzfristigeren Katalysatoren überschneiden.
Chinesisches Konjunkturpaket
Das beeindruckende Konjunkturpaket, das in China angekündigt wurde, könnte diese Dynamik noch verstärken, aber es sind weitere Details und eine konsequente Umsetzung erforderlich, um seine Auswirkungen auf eine schwächelnde Wirtschaft zu beurteilen. Und obwohl Zölle eine neue negative Schlagzeile darstellen, sind ihre Höhe und Ausgestaltung noch unbekannt. Sie könnten nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern gezielt eingesetzt werden. Außerdem geht unser Schwellenländeroptimismus über China hinaus und sieht gute Chancen in den aufstrebenden Ländern Asiens, wobei Vietnam, Indonesien und die Philippinen aufgrund ihrer demografischen Vorteile und der erwarteten Erholung von der jüngsten Konjunkturschwäche besonders attraktiv sind. Indien bleibt eine gute Investitionsmöglichkeit, aber höhere Bewertungen erfordern Umsicht und ein sorgfältiges Management.
Fazit
Die potenzielle Spitze der US-Zinssätze bzw. des US-Dollars, ein sich beschleunigt ausweitender Wachstumsunterschied zwischen Schwellen- und Entwicklungsländern und eine weniger fest verankerte Inflation sind Faktoren, durch die die Schwellenländer unserer Meinung nach gestärkt werden könnten.
Scott Berg ist Portfoliomanager für die Global Growth Equity Strategy bei T. Rowe Price. Er ist seit 22 Jahren bei dem Unternehmen und hat einen M.B.A., Stanford Graduate School of Business. T. Rowe Price wurde 1937 gegründet und verwaltet 1,63 Bio. USD.