Frischer, klarer Blick

Titelbild: © maesarin – stock.adobe.com

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Was uns der Januar lehrt

Das Schröpfen geht weiter

Liebe Leser, wir hoffen Sie sind gut in das neue Jahr gerutscht. Mit der heutigen Nr. 2 des Smart Investor Weekly geht auch die Newsletter-freie Zeit zwischen den Jahren zu Ende. Keine Angst, Sie haben die erste Ausgabe nicht verpasst, denn wir nummerieren nach Kalenderwochen. Der Jahreswechsel ist aus mehreren Gründen von großem Interesse – besonders für Börsianer. So treten mit dem Jahreswechsel häufig neue Gesetze in Kraft. Für Deutschland heißt das vor allem neue Steuer- und Abgabenerhöhungen. Wesentlich ist die planmäßige nächste Erhöhungsstufe des CO²-Preises von bisher 45 EUR/Tonne auf nunmehr 55 EUR/Tonne, weil dieser Preis sich durch die gesamte Wertschöpfungskette frisst. Auch die Netzentgelte für Strom und Gas steigen – je nach Region – zum Teil deutlich. Diese Infrastrukturkosten werden ebenfalls in andere Preise eingerechnet, so dass von dieser Seite zusätzlicher Inflationsdruck aufgebaut wird. Kräftige Aufschläge gibt es zudem beim Zusatzbeitrag der Krankenversicherung und bei den Beiträgen zur Pflegeversicherung, so wie bei der Grundsteuer, die ursprünglich als aufkommensneutral angekündigt worden war. Die drei letztgenannten Steigerungen, allesamt staatlich administriert, fließen zwar nicht bzw. nicht direkt in die Inflationsrate ein, dennoch wird den Menschen das Geld vermehrt aus der Tasche gezogen. Wo die Bürger im neuen Jahr besonders geschröpft werden, hat unser Gastautor Josef Schöftenhuber im Rahmen der Rubrik „Kapitalschutz“ für den neuen Smart Investor 1/2025 zusammengestellt.

Preisinflation und mehr

Das Titelthema des neuen Heftes ist aber der Kapitalmarktausblick 2025, in dem das Wiederaufleben der Inflation entsprechend einen breiteren Raum einnimmt. Die neue US-Regierung, die in nicht einmal zwei Wochen ihre Amtsgeschäfte aufnehmen wird, könnte über eine aggressive Handels- und Zollpolitik zu einem weiteren Inflationstreiber werden. Zwar dürfte hier viel Rhetorik im Spiel sein, um vorteilshafte Deals für die USA zu ermöglichen, echte Maßnahmen können aber nicht ausgeschlossen werden. Bei diesen Formen der Preisinflation geht es erst einmal aber nur um punktuelle Preisanhebungen, welche von den Verbrauchern mutmaßlich durch Ausgabenkürzungen in anderen Bereichen beantwortet werden. Zudem könnte durch übermäßige Tarifabschlüsse eine Preis-Lohn-Spirale in Gang gesetzt werden, was die Notenbanken erst recht in die Zwickmühle brächte. Je mehr sich nämlich der Staat aus dem Kuchen der Wirtschaftsleistung über Steuern und Abgaben herausschneidet, desto mehr würgt er damit tendenziell die Konjunktur ab. Eigentlich müssten die Notenbanken dann wieder auf das Gaspedal treten, was ihnen bei steigenden Preisen ohne Glaubwürdigkeitsverlust aber kaum möglich ist. In dem gefürchteten Stagflationsszenario, das durch die Euro-Schwäche noch zusätzlich an Relevanz gewinnt, sind die Optionen der Geldpolitik in der Eurozone begrenzt. Aber selbst die US-Notenbank, die in einer vergleichsweise komfortableren Situation ist, kündigte noch im alten Jahr an, den Zinssenkungsprozess erst einmal etwas zu verlangsamen. Die hoch bewerteten Aktienmärkte reagierten alles andere als erfreut.

Bruch zum Jahreswechsel

Im neuen Jahr werden uns diese Themen also weiter beschäftigen. Trotzdem zeigen sich gerade zum Jahreswechsel an den Börsen immer wieder Brüche. Im Prinzip ist dies nämlich eine gute Zeit, die bis dahin vorherrschenden Narrative auf den Prüfstand zu stellen. Besonders zwei Effekte sind hervorzuheben. Zum einen ist da das sogenannte Window Dressing. Fondmanager und Vermögensverwalter verschönern ihren Jahresausweis, indem sie die Top-Performer des Jahres zukaufen bzw. zum Ultimo in den Portfolios behalten, während sie die Verliereraktien abstoßen, um diese nicht mehr ausweisen zu müssen. Dazu kommen bei den letztgenannten Titeln auch noch Steuerverkäufe der Privatanleger, die ihre Verluste noch für das laufende Jahr gelten machen wollen. Im Ergebnis werden die bis dahin vorherrschenden Auf- bzw. Abwärtstrends zum Jahreswechsel zunächst noch einmal verstärkt. Mit dem Wegfall dieser Sondereffekte kommt es dann häufig zu Gegenbewegungen, die sogar zu Trendbrüchen führen können. So werden etwa jene Aktien zurückgekauft, die gerade noch verkauft wurden, wie das Beispiel von FuelCell Energy (WKN: A2PKHA) und Plug Power (WKN: A1JA81) zeigt (vgl. Abb.). Diese Bewegungen sind aber häufig nur Reflexe auf das alte Jahr, die nicht zwangsläufig nachhaltig sein müssen.

Neues Jahr, neues Glück

Was solche Umschwünge aber verstärken kann, sind die frisch geöffneten Bücher der Institutionellen. Am Jahresanfang kann dort relativ unbeschwert auf Performance gesetzt werden, während es kurz vor Schluss oft primär darum geht, die bis dahin eingefahrene Jahresernte nicht mehr zu gefährden. Schließlich soll mit solchen Zahlen in der Folge um neue Kunden geworben werden. Das Kursverhalten nach dem Jahreswechsel dürfte – abgesehen von den reinen Reflexen (s.o.) – also etwas deutlicher zeigen, wie sich die Marktteilnehmer tatsächlich zu positionieren wünschen. Aus diesem Grund wird den ersten Handelstagen auch eine gewisse Prognosekraft für den weiteren Jahresverlauf zugeschrieben, die als „Januar-Effekt“ bekannt ist. Dabei handelt es sich allerdings – wie bei fast allen Aussagen zur Börse – nicht um eine deterministische Gesetzmäßigkeit, sondern um ein statistisches Phänomen. In manchen Jahren versagt der Zusammenhang komplett. Beim Smart Investor haben wir uns schon mehrfach mit diesem Effekt beschäftigt, insbesondere mit dessen historischer Statistik. Eingeloggte Abonnenten des Smart Investor-Magazins können die entsprechenden Beiträge hierzu leicht über die GENIOS-Suchfunktion im Menü „Ausgaben“ finden. Kleiner Tipp: Schauen Sie einmal in die Februar-Ausgabe des Jahres 2023.

Deutlicher Dämpfer

Für dieses Jahr wollen wir uns zunächst den NASDAQ 100 ansehen, der als Hort der „Magnificent Seven“ ganz besonders von der Technologie-Hausse der letzten Jahre profitierte. Tatsächlich wirkt dieses Marktsegment etwas angeschlagen. Das entscheidende Negativereignis war allerdings nicht der Jahreswechsel, sondern der vorsichtigere Tenor von Fed-Chef Powell bei der letzten Notenbanksitzung des alten Jahres am 18.12.2024. Sogar der Aufwärtstrend seit dem Spätsommer 2024 ist nun angekratzt, wenn nicht gebrochen. Von diesem Dämpfer konnte sich der Index bislang jedenfalls nicht überzeugend erholen. Auch der erste Handelstag des neuen Jahres endete im Minus. Seither wurde vor allem Volatilität, aber kein eindeutiger Trend produziert. Falls dies schon ein Vorbote für 2025 sein sollte, dann müssten sich die Anleger mit deutlich weniger Rendite zufriedengeben, als dies 2024 noch der Fall war.

Zuckerberg macht den Musk

Eine Aktie, welche diese Woche ganz besonders die Gemüter erhitzte, ist die von Meta Platforms (WKN: A1JWVX). Das hat allerdings nichts mit der Performance des Zuckerberg-Konzerns zu tun. Die Aktie zog das gesamte vergangene Jahr fast unbeirrt nach oben und ist auch zuletzt stärker als der NASDAQ 100. Der Aufreger, besonders in Deutschland und der EU besteht darin, dass sich das Unternehmen bei seinen reichweitenstarken Plattformen wie Facebook und Instagram nun von den sogenannten „neutralen“ Faktencheckern verabschieden will, zumindest in den USA. Während die einen darin ein Einknicken gegenüber der neuen Trump-Administration zu erkennen glauben, verweisen andere darauf, dass es mit der Neutralität der Faktenchecker ohnehin nicht weit her war und ist. Im Wesentlichen griffen sie Unschärfen bei konservativen und libertären Postings an, während linke und grüne Ansichten meist unbeanstandet passieren durften. Meta möchte künftig wohl auf Community Checks setzen, bei denen die User selbst auf Unstimmigkeiten in Postings aufmerksam machen, nicht aber undurchsichtige, gleichwohl privilegierte Gremien, die unter dem Deckmantel des Faktenchecks Politik machen. Die neue Schwarmintelligenz ist für die etablierten Medien allerdings oft wenig schmeichelhaft, werden diese auf der Plattform X von Elon Musk, doch vergleichsweise häufig für Ungenauigkeiten oder ihr manipulatives Framing von den Nutzern getadelt. Eines ist jedenfalls schon in den ersten Tagen des neuen Jahres klar, der Kampf um Deutungshoheiten und die Freiheit der Rede wird ein beherrschendes gesellschaftspolitisches Thema des Jahres 2025 sein.

Zu den Märkten

Auch am DAX ging der Jahreswechsel nicht spurlos vorüber. Während deutsche Standardtitel kurz vor Weihnachten ebenfalls in den Strudel der Powell-Äußerungen gerieten, performten sie in den ersten Handelstagen des neuen Jahres vergleichsweise gut. Nun allerdings kämpfen sie erneut mit dem Allzeithoch aus dem Dezember. Unabhängig vom Januar-Effekt wäre es vermutlich etwas überinterpretiert, hier schon eine Jahrestendenz herauslesen zu wollen, aber die relativ bessere Performance des DAX ist bemerkenswert. Zwei Themen sollte man im Hinterkopf behalten: Die Bewertung deutscher Aktien liegt deutlich unter der ihrer US-Pendants. Ursächlich hierfür dürfte keine klassische Vernachlässigung durch die Marktteilnehmer sein, sondern eher die durchaus nachvollziehbaren Sorgen über die wirtschaftliche Zukunft des Landes. Insofern ist es kein Wunder, dass der DAX seit dem Auseinanderbrechen der Ampel-Regierung deutlich an relativer Stärke gewonnen hat. Ob sich die Hoffnungen auf eine wirtschaftspolitische Wende allerdings erfüllen werden, ist fraglich. Echte Reformer sind in Deutschland nicht in Sicht, ein Javier Milei schon gar nicht.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie diesmal ein Kurzupdate zu den Musterdepots sowie zu unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Die große Monatsübersicht zum Aktien-Musterdepot für Dezember 2024 inklusive der erfolgten Transaktion finden Sie hier. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Wir wünschen Ihnen einen guten Start in ein mutmaßliches aufregendes (Börsen-)Jahr 2025, das – nicht nur an den Märkten – ein regelrechtes „Schicksalsjahr“ werden könnte. Lesen Sie hierzu auch unsere Titelstory im neuen Smart Investor 1/2025.

Ralf Flierl, Ralph Malisch

 

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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