O’zapft is!

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Ralf Flierl,
Chefredakteur

Editorial 10/2024

Am vergangenen Samstag wurde das 189. Oktoberfest mit dem Wiesn-Anstich durch den Münchner Oberbürgermeister und seinen anschließenden Ausruf „O’zapft is!“ – zu Hochdeutsch: „Es ist angezapft!“ – eröffnet. Obwohl oder gerade weil ich nicht weit von der Theresienwiese, dem Gelände dieses weltweit größten „Volksfests“, entfernt wohne, bin ich kein Fan dieses allherbstlichen Geschehens – nicht zuletzt, da man als ein Quasinachbar einer solchen Massenveranstaltung mit rund sechs Millionen Besuchern in zwei Wochen doch mit einigen Unannehmlichkeiten konfrontiert ist. Aber ich möchte auf etwas anderes hinaus:

Der Preis für eine Maß Bier liegt dieses Jahr – wie eigentlich bei jeder Wiesn – auf einem Allzeithoch. Diesmal aber wurde erstmals die Schallmauer von 15 EUR durchbrochen. Vor 24 Jahren kostete die Maß umgerechnet nur rund 6 EUR – das entspricht einer Preiserhöhung um insgesamt 150% bzw. im jährlichen Durchschnitt um fast 4%. Dabei lag die offiziell berechnete Inflationsrate seit dem Jahr 2000 nur recht selten über 2% (wesentliche Ausnahme: der Zeitraum 2022 bis 2024), womit ich nun zur entscheidenden Frage komme: Sind Wiesnbesucher tatsächlich bereit, fast das Doppelte des Zuwachses beim Bierpreis wie bei Produkten des normalen Lebens zu bezahlen? Oder aber spiegeln die offiziellen Inflationsausweise vielleicht die tatsächliche Geldentwertung nicht annähernd wider? Schließlich ist die in Umfragen ermittelte sogenannte gefühlte Inflation fast immer deutlich höher als die offizielle.

Die permanente Geldentwertung hat insbesondere ab etwa 2010 – dem Jahr der „Eurorettung“ – viele Menschen dazu veranlasst, sich ein Eigenheim zuzulegen. Ab 2014 waren die Zinsen bedingt durch die ultralockere Geldpolitik der EZB in Tiefen gerauscht, die für einen wahren Boom bei Immobilien sorgten: Hypothekenkredite zu 1,5% Verzinsung bei nur minimalster Eigenkapitalanforderung verleiteten viele Menschen zum Kauf von bis dahin stetig im Preis gestiegenen Häusern und Wohnungen. Heute laufen die ersten der damaligen supergünstigen Hypothekenkredite aufgrund der meist zehnjährigen Zinsbindung aus, und für nicht wenige dürfte das zu einer bösen Überraschung führen: Denn nun ist mindestens ein Zins von 3% gängig – also das Doppelte von damals –, bei nicht ganz optimaler Bonität aber auch deutlich mehr.

Dass dies den einen oder anderen Immobilienbesitzer überfordern und zu einem Notverkauf zwingen könnte, versteht sich von selbst. Die seit zwei Jahren fallenden Immobilienpreise dürften demnach auf absehbare Zeit kaum nennenswerte Erholungschancen haben. Das ist explizit meine persönliche Meinung – etwas optimistischer sieht dies Stefan Ziermann vom Verlag FUCHSBRIEFE, den ich in einem ausführlichen Gespräch ab S. 58 zu seiner Einschätzung des hiesigen Immobilienmarkts befragt habe. Er sieht sehr wohl den oben beschriebenen „Wall-of-Maturity-Effekt“, aber schätzt ihn weniger dramatisch ein.

Von S. 6 bis 12 finden Sie zahlreiche Analysen und Einschätzungen samt großer Kennzahlentabelle zu Immobilienaktien aus dem deutschsprachigen Raum, auf S. 16 dann richtige Immo-Value-Perlen aus Hongkong. Und auch in unserer Fondsrubrik geht es diesmal stark um Anlagevehikel mit Immobilienschwerpunkt.

Und das ist noch lange nicht alles! Ein ganzer Strauß an vielfältigen Themen wartet auf Sie. Viel Spaß und Erkenntnis beim Lesen wünscht

Ralf Flierl

Chefredakteur

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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