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… und Japans Beitrag

Nach dem Beben

Nach einem historischen Ausverkauf am vergangenen Montag steigen die Kurse an den globalen Aktienmärkten am Folgetag wieder heftig an. Kopfkratzen bei den Anlegern: Was denn nun? Kommt der Crash und man ist besser in Cash, oder öffnet sich gerade eine Möglichkeit zum günstigen Einstieg?

Der Volatilitätsindex „VIX“, der gerne als „Angstindex“ bezeichnet wird, schnellte zwischenzeitlich auf 65 Punkte hoch. Dieses Niveau wurde bisher nur während der großen Finanzkrise 2008 und während der Corona-Panik 2020 erreicht. Es muss sich also eigentlich um etwas sehr Großes gehandelt haben, was die Anleger da in Unruhe versetzt hat. Da das Epizentrum des weltweiten Börsenbebens in Japan lag, wo mit -12,5% die größten Tagesverluste seit dem 1987er Crash verzeichnet wurden, führt uns die Spurensuche auch dort hin.

Zwar begann das jüngste Börsenbeben, nachdem der freitägliche US-Beschäftigungsbericht bei Börsianern so interpretiert wurde, dass eine Rezession bevorstehen könnte im wirtschaftsstärksten Land der Erde. Am Montag brachen dann aber endgültig die Dämme. Die Bank of Japan hatte in der vorangegangenen Woche mit einer Erhöhung des Leitzinses auf 0,24% überrascht.

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Carry-Trade-Blase

In unserer Smart Investor Titelstory im Juli-Heft (Titel: „Japan – Steht eine Supernova bevor?“) hatten wir auf die Yen-Carry-Trade Blase hingewiesen, welche sich in den letzten Jahren aufbaute. Dabei haben sich Trader und Spekulanten weltweit etwa 20 Bio. USD bei japanischen Banken zu Niedrig- oder Nullzinsen geliehen, um es höher verzinslich anzulegen. Zuletzt sind aber dann alle Ampeln für die Trader von Grün auf Rot gesprungen: der Yen ist gestiegen, was die Schuldenbasis in der Heimatwährung vergrößert – und die japanische Notenbank hat die Zinsen, begleitet von „hawkischen“ Statements, erhöht. Die schwachen Arbeitsmarktdaten in den USA waren dann noch das i-Tüpfelchen auf dieser miesen Melange.

Wenn nun die Zinsmargen von den Währungsverlusten aufgefressen werden, rechnen sich die Carry-Trades nicht mehr und werden aufgelöst. Weil enorme Kredit-Hebel im Spiel sind, kann es zu sogenannten „Margin-Calls“ und Zwangsverkäufen kommen. Da solche Ereignisse den Yen weiter steigen lassen, werden nächste Wellen von Trades unrentabel und es kann zu einer Kettenreaktion kommen. Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass wir so etwas am Montag gesehen haben. Das Problem dabei ist, dass Spekulanten oder Hedgefonds, die auf diese Weise in Schieflage geraten, auch andere Positionen liquidieren (müssen), um flüssig zu bleiben. So ist es zu erklären, dass auch Silber und Gold, vor allem aber Bitcoin (in der Spitze bis zu -15%) abverkauft wurden, was auf den ersten Blick unlogisch erscheint. Schließlich müssten diese Anlageklassen, die ja über kein Kontrahentenrisiko verfügen, eigentlich von den Turbulenzen profitieren.

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Wo ist der Exit?

Am gestrigen Dienstag haben sich die Märkte dann wieder beruhigt und die Erholung scheint sich am heutigen Mittwoch fortzusetzen, nachdem der japanische Zentralbankchef angekündigt hat, nur dann die Zinsen weiter zu erhöhen, wenn dies die Märkte nicht zu sehr belastet. Die Gefahren, die von den Yen-Carry-Trades ausgehen, sind jedoch noch nicht ansatzweise bereinigt und können jederzeit wieder aufflackern. Nicht zuletzt deshalb, da den Tradern die Risiken anschaulich vor Augen geführt wurden, und der eine und andere sich vielleicht schon nach der „Exit-Türe“ umsieht. Aufgrund der hohen Volatilität verzichten wir derzeit noch darauf, mit Derivaten auf einen steigenden Yen zu wetten und setzen stattdessen in unserem Musterdepot auf einen japanischen Kraftwerksbetreiber, welcher durch den für den Herbst geplanten Restart von zwei seiner vorübergehend stillgelegten Reaktoren zusätzlichen Rückenwind erfahren sollte.

Ralf Flierl im Interview

Die Ursache für das jüngste Börsenbeben ist also eher bei den Yen-Carry-Trades und weniger bei den schwachen US-Daten zu sehen, was wir in der letzten beiden Heft-Ausgaben 7/2024 und 8/2024 des Smart Investor Magazins auch besprochen hatten. So analysiert Smart Investor-Chefredakteur Ralf Flierl mit Youtuber Dominik Kettner die Börsenlage im pointierten Video-Gespräch, welches übrigens drei Tage vor dem Börsenbeben geführt wurde, unter nachfolgendem Link:

https://www.youtube.com/watch?v=ccHBSVP__Hg

Katastrophaler Herbst!

Ralf Flierl erwähnt im Interview, dass die Auftragsbücher zu vieler deutscher Unternehmen erschreckend schlecht gefüllt sind. Hohe Energiepreise, wuchernde Bürokratie, mangelnde Planungssicherheit durch sprunghafte Entscheidungen aus der Politik lähmen Unternehmergeist und fördern Abwanderung wie bei BASF oder führen zu Pleiten wie jüngst bei Recaro. Es drohen ein sehr schwacher Herbst und auch Winter für die deutsche Wirtschaft.

In den USA wird Fed-Chef Jerome Powell womöglich versucht sein, schon vor der nächsten regulären Fed-Sitzung eine Not-Zinssenkung vorzunehmen, um eine drohende Rezession abzuwenden und die Anleger zu beruhigen. Die USA gäben damit abermals frisches Geld in den Wirtschaftskreislauf. So mag es gelingen, die Stress-Signale des Finanzsystems noch mal zu überdecken. Die Ursachen der Malaise sind damit kaum behoben. Der finale Crash droht, Warnzeichen gibt es genügend.

Welches die langfristigen Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen auf die Börsen sein dürften, darauf werden wir ausführlich im kommenden Heft 9/2024 eingehen.

Comeback-Kid: 3M

Während die bisherigen Börsenlieblinge, die Big Tech-Konzerne, an den Märkten abgestraft werden, scheint der Mischkonzern 3M (WKN: 851745; akt. Kus: 115,24 EUR) zurück auf die Erfolgsspur zu finden. Selbst in der aktuell turbulenten Lage hält 3M Kurs. Der Industriekonzern ist bei Verbrauchern vor allem bekannt für Scotch-Klebebänder und Post-it-Haftnotizblöcke. 85.000 Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von 32 Mrd. USD. Über Jahre galt 3M als „Witwen und Waisen-Papier“, als eine Aktie, die man ohne Bedenken empfehlen konnte. Seit den 1970er Jahren bis 2018 gewann die Notierung von 3M im Langfristtrend hinzu.

Dann geriet bei 3M etwas aus der Spur. Nochmal schaffte man ein knappes Kurs-Comeback im Frühsommer 2021, danach etablierte sich endgültig der Abwärtstrend und statt mit dem Trendwechsel zu hadern, akzeptierte man besser. Nun aber werden Beobachter auf 3M wieder aufmerksam. Von November 2023 bis März 2024 formt der Kurs einen Doppelboden, steigt danach fortgesetzt, es kommen neue Geschäftszahlen, die begeistern. Die Aktie springt um 10% hoch und hält bislang das gestiegene Niveau. Sollte 3M die aktuellen Börsenstürme ungezaust überstehen, signalisiert dies verheißungsvolle Stärke.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie heute Neuigkeiten zu unseren Musterdepots und zu unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Die große Monatsübersicht für Juli 2024 inklusive Käufen/Verkäufen ist online im Update 30/2024 verfügbar. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Die über die Jahre aufgebaute riesige Summe an Carry-Trades im japanischen Yen fordert nun ihren Tribut. Dass der vergangene Montag schon die komplette Entladung dieser ungeheuerlichen Schieflage war, darf getrost bezweifelt werden. Zumal die wirklich schlechten Nachrichten insbesondere aus der deutschen Wirtschaft erst noch im Herbst/Winter kommen werden. Warm anziehen und den Gurt anlegen!

Hinweisen möchten wir noch auf den Kongress „Bürgergipfel“ am 7.9.2024 in Stuttgart (erste Anzeige oben in Gelb). Zahlreiche namhafte Redner werden dort live zu hören sein. Und auch Smart Investor Chefredakteur Ralf Flierl wird vor Ort sein. Sehen wir uns in Stuttgart?

Ralf Flierl, Frank Sauerland, Thomas Steinhauser

 

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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