Editorial 02/2024
Immer wieder wird der Untergang des deutschen Zahlungsdienstleisters Wirecard mit der Pleite des österreichischen Immobilienunternehmers René Benko bzw. dessen SIGNA-Gruppe verglichen. Zwar sind die finanziellen Dimensionen in beiden Fällen nicht ganz unähnlich: Es geht jeweils um Milliarden Euro. Wenn man tiefer blickt, fallen aber vor allem zwei elementare Unterschiede auf: Wirecard war ein klarer Betrugsfall; Benko dagegen war ein Unternehmer, der sich übernommen und ein viel zu großes Kreditrad gedreht hat – und er hat zahlreiche Unternehmen gefunden, vor allem Banken und Versicherungen, die ihm diese Kredite gerne gegeben haben.
Und hier sind wir auch schon beim zweiten Unterschied, der aus meiner Sicht alles entscheidend ist: Bei Wirecard fand in erster Linie eine massive Vernichtung von Eigenkapital statt. Das ist zwar schmerzhaft für die Betroffenen, aber die Ausstrahleffekte auf die Ökonomie sind vergleichsweise gering. Bei Benkos Signa-Gruppe geht es hingegen um Fremdkapital. Die vielen Banken und Versicherungen wollen ihr Geld wieder zurückhaben und werden dies mit rechtlichen Mitteln einfordern. Denn sie haben nicht ihr eigenes Geld, sondern das ihrer Kunden an Benko verliehen – und dadurch kommen Stress und Druck ins System, es wird Neben-, Dritteffekte und Kettenreaktionen geben, mit der Folge, dass dieser Skandal das ganze Jahr 2024 über in den Schlagzeilen sein wird.
Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die Benko-Pleite (mehr hierzu ab S. 34) den Anfang vom Ende der deutschen und österreichischen Bank- und Versicherungsbranche einläuten wird, wie wir sie bisher kannten. Wie passend, dass der Gesetzgeber bereits mit Wirkung vom 1.1.2015 das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) verabschiedete, in welchem festgelegt ist, dass Bankkunden, also Sie und ich, mit ihren Einlagen für die Verluste der Bank haften. Kaum zu glauben? Dann lesen Sie doch den Beitrag „SAG: Legale Enteignung“ auf S. 22! Sie werden staunen.
In Anbetracht der haarsträubenden Entwicklungen in der hohen Politik – man denke nur an die forcierte Einführung der CBDCs oder den WHO-Pandemievertrag, könnte sich einem die Frage aufdrängen: Wo ist der Ausgang? Wir wissen es nicht, aber wir sehen uns dennoch Konzepte an, welche womöglich eine Loslösung von den bisherige maroden Strukturen bieten. So haben wir – gewohnt kritisch – den Bestsellerautor Marc Friedrich zu seinem neuen Buch befragt, in welchem er den Bitcoin als die größte Revolution aller Zeiten beschreibt (ab S. 16). Zudem finden Sie auf S. 20 einen Beitrag von Gerd Kirsten zu „The Network State“, einem ziemlich neuen Modell einer freien und über die ganze Welt verteilten Gesellschaft ohne Landesgrenzen.
Traditionell behandelt unsere Titelgeschichte der Februarausgabe die Schwellenländer. Seit Jahren schon entwickeln sich deren Börsen, insbesondere die chinesische, deutlich schlechter als die der etablierten Märkte. Woran das liegt und wo Chancen bestehen, auf extrem ermäßigtem Niveau einzusteigen, das behandeln wir in mehreren Beiträgen von S. 6 bis 15, in „Das große Bild“ (S. 34) und im Interview mit Carlos von Hardenberg, Manager des von der Investmentlegende Mark Mobius gegründeten Schwellenländerfonds ab S. 56.
Mit den besten Wünschen für das neue Jahr, welches garantiert nicht langweilig werden wird