Wie Anleger jetzt am besten reagieren
Fundamental ungedeckte Rally
Schlagartig wurden die Aktienanleger in die beste aller Welten gebeamt – zumindest fühlt es sich so an: die Börsen haussieren, der Bulle brüllt. Denn das Schreckgespenst des US-Government-Shutdowns verschwindet gerade wieder in der Kulisse. Die Rezession scheint zudem abgesagt, und die Notenbanken lassen die Zinsen vorerst nicht weiter steigen.
Eine Mehrheit des US-Repräsentantenhauses stimmte nun endlich dem Gesetzentwurf für einen Übergangshaushalt zu. Damit dürfte eine Zahlungsunfähigkeit der US-Bundesverwaltung abgewendet sein. Was wie ein wenig erwähnenswertes Scharmützel aus der US-Innenpolitik klingt, wird tatsächlich weltweit von Börsianern beachtet. Denn Zahlungsprobleme der letzten verbliebenen Supermacht untergraben den Glauben in die Stabilität des gesamten Finanzsystems.
Nun aber atmen die Börsianer auf. Schon in den vergangenen Tagen wurden sie zum beherzten Zugreifen ermutigt: durch positive Konjunkturmeldungen und verfliegende Zinsängste. Auf breiter Front stiegen daraufhin die Kurse. Nach einer Konsolidierung könnte es weitergehen, wobei neue Kurssteigerungen nicht einmal fundamental unterlegt zu sein brauchen. Es reicht, die Saisonalität in ein mögliches Szenario einzubeziehen.
Denn bonusmotivierte Finanzmanager steuern Dollarmillionen und -milliarden (!) in den US-Handelssälen. Diese Entscheider sind von smarten Konkurrenten umgeben und erwarten bzw. befürchten bald die Perspektivgespräche mit ihren Vorgesetzten, welche sich erreichte oder nicht erreichte Benchmarks genauer anschauen werden. Solche Edelangestellten mit üppigen Bonusversprechen und sparsamem Kündigungsschutz werden einem Zukauf bisheriger Kursgewinner aufgeschlossen gegenüberstehen. Schließlich dürfte niemand gefeuert werden, weil er sich noch vor Jahresende bei einem der Performance-Treiber der vergangenen Monate eingekauft hat. So können Trends sich fortsetzen, einfach weil sie gerade ein Trend sind. Die Hausse nährt die Hausse. Smarte Anleger mögen solche Saisonwellen mitsurfen, müssen irgendwann aber auch den Absprung schaffen.
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Traden birgt hohe Risiken.
Zeitalter des Überflusses
Ausnahmeunternehmer Elon Musk (Tesla, WKN: A1CX3T) diskutiert auf Großbritanniens erster Artificial-Intelligence-Konferenz mit Prime Minister Rishi Sunak. Musk wirkt, als wäre er im Science-Fiction-Modus: „Digitale Superintelligenz, kombiniert mit Roboterkraft, wird letztlich und auf lange Sicht Waren und Dienstleistungen nahezu kostenlos machen.“
Über die so ausgemalte Zukunftswelt zu lächeln, ist leicht. Allerdings schüttelte man um 1900 auch über die Spinner mit ihren benzingetriebenen Knatterkisten den Kopf und konnte sich nicht vorstellen, dass bald Hunderttausende von Autos über asphaltierte Straßen rollen würden. Andererseits sind schon viele überzeugende Zukunftsszenarien skizziert worden, materialisiert hat sich aber jeweils nur eines – zumindest in unserem Universum.
Musk gibt sich unbeirrt: „Wir werden in ein Zeitalter des Überflusses eintreten.“ Denn Roboter ermüden nicht, sie streiken nicht, sie wollen keinen Lohn, sie erledigen einfach unsere Arbeit. Ist es das Paradies, das Musk da ausmalt – oder ist es eine Horrorzukunft, in welcher Menschen zu lebenslanger Langeweile verdammt sein werden?
Philosophen mögen das durchdenken, Smart Investor Weekly ist zuständig für Börsenperspektiven, und die sind für Robotik-ETFs nicht schlecht, wenn man sich dem Thema nicht nur zukunftsoptimistisch, sondern auch risikobewusst diversifiziert nähern will. Der iShares Automation & Robotics UCITS ETF (WKN: A2ANH0) erreicht auf fünf Jahre beispielsweise einen Wertzuwachs von 78%, der Amundi MSCI Robotics & AI ESG Screened UCITS ETF (WKN: A2JSC9) bringt es auf 69% und der L&G ROBO Global Robotics and Automation UCITS ETF (WKN: A12DB1) auf 44%, stagnierte zuletzt allerdings.
Go woke, go broke
„The Marvels“, Disneys (WKN: 855686) neuester Superheldenfilm, enttäuscht an der Kinokasse. Die Fortsetzungsstory des Kinohits „Captain Marvel“ aus dem Jahr 2019 erreichte am Eröffnungswochenende nur Einnahmen von 47 Mio. USD im US-Ticketverkauf. Das ist das schwächste Debüt, welches ein Kinostreifen aus dem „Marvel Cinematic Universe“ je hatte. Disneys Chief Executive Bob Iger zeigt sich wenig amüsiert. Er will das Studiogeschäft generalüberholen.
Beim „The Marvels“-Drehbuch und beim Casting der drei hautfarbenunterscheidbaren Superheldinnen dürften alle aktuellen Quoten-, Feminismus-, Rassismus-, Woke- und Genderregeln beachtet worden sein. Vergessen haben die Filmemacher aber die wichtigste Kinoregel: Wir liefern zwei Stunden derart außergewöhnliche Unterhaltung, dass Millionen Zuschauer bereit sind, dafür zu bezahlen.
Den Film – so viel sei verraten – braucht sich kein Disney-Aktionär zwingend anzusehen. Stattdessen studiert er besser den Kurs der Disney-Aktie, um auf eine abgeschlossene Bodenbildung zu setzen oder aber das Theater zu verlassen.
Zu den Märkten
Die in der Vorwoche ausführlich beschriebene Inselumkehr zeigte in der Berichtswoche deutliche Wirkung. Insbesondere das Kursgeschehen vom Dienstag konnte überzeugen. Bei hohen Umsätzen schnitt der DAX 40 durch die Widerstandszone bei 15.500 Punkten (orange) wie das sprichwörtliche heiße Messer durch die Butter. Damit wurde innerhalb einer Woche nicht nur diese Widerstandszone, sondern zuvor auch noch die abwärts gerichtete Trendlinie mit Bravour genommen. Seit Mittwoch knabbert der deutsche Leitindex zusätzlich noch an der 200-Tage-Linie, die er zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe ebenfalls hinter sich lassen konnte. Nach einem Spurt von rund 1.000 Punkten in nur gut zwei Wochen hätte sich der Markt jedoch eine kleine Verschnaufpause verdient.
Positiv ist, dass der Bereich von 15.500 Punkten vom charttechnischen Widerstand nun zu einer Unterstützung geworden ist. Etwas Spielraum nach unten hat der Markt vom aktuellen Niveau aus schon, und zwar ohne, dass sich dadurch etwas am Positivbild ändern würde. Erst, wenn die Unterstützungszone wieder nachhaltig nach unten durchbrochen würde, müsste das Szenario wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Bis dahin kann man sich allerdings berechtigte Hoffnungen auf eine Jahresendrally machen, zumal auch beim Zinserhöhungszyklus der Notenbanken das Schlimmste erst einmal vorbei sein sollte.
Musterdepots & wikifolio
In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie heute ein Update zu zwei Musterdepotwerten sowie einen Kurzbericht zum wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.
Fazit
Die in der Vorwoche angekündigte Herbstrally hat fast ein bisschen zu viel Fahrt aufgenommen. Nach einer Verschnaufpause erscheinen weitere Kursgewinne möglich.
Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch
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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.
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