Von Konrad Badenheuer
Zur sozialen Marktwirtschaft gehört die Eigentumsgarantie. Das Eigentum ist zwar sozialpflichtig, aber weggenommen werden darf es nicht. Allenfalls im Interesse der Allgemeinheit und dann mit voller Entschädigung sind Enteignungen zulässig.
Und doch steht das von der Verfassung garantierte Eigentum heute in Deutschland gleich dreifach unter Druck. Da gibt es etwa direkte Angriffe, wie in Berlin das Volksbegehren von 2021 zur Enteignung großer Wohnungsbauunternehmen – sage und schreibe 59% der Berliner waren dafür, obwohl das Vorhaben die Landesfinanzen durch hohe Entschädigungszahlungen ruinieren würde. Die Politik hat diesen feuchten Traum von Linksradikalen darum bisher nicht verwirklicht. Allerdings werden hier Stimmungen sichtbar, die jeder Politiker berücksichtigen muss. Und hier beginnen die eigentlichen Probleme.
Denn es gibt ja auch die subtileren, indirekten Angriffe auf das Eigentum. Einer davon ist die Erbschaftsteuer. Viele Bürger haben bei allem Respekt für Unternehmer, die ihr Vermögen selbst aufgebaut haben, dennoch ein Problem mit dem mühelos durch Erbschaft gewonnenen Reichtum. Das ist verständlich – aber der Versuch, daran mit einer hohen Erbschaftsteuer etwas zu ändern, hat noch in keinem Land funktioniert. Die großen Vermögen entziehen sich dem Versuch oft durch Wechsel ins Ausland, und bei den kleineren ist der bürokratische Aufwand so groß, dass sich die Sache für den Fiskus kaum lohnt. Berücksichtigt man das negative Signal an die Investoren, wird die Sache sogar für „kleine Leute“, die diese Steuer selbst nie bezahlen müssen, schnell zum Minusgeschäft. Die meisten Politiker wissen das auch, aber sie sagen es selten, weil sie meinen, eine Erwartungshaltung bedienen zu müssen.
Die ganz großen Angriffe auf das Eigentum sind heute noch andere und wiederum haben sie mit der Politik zu tun. Die jahrelange Nullzinspolitik der EZB hat das Eigentum der Sparer bereits seit etwa 2015 Jahr für Jahr angekratzt. Seit 2021 hat sich das Problem durch die schnell gestiegene Inflation massiv verstärkt: Allein im vergangenen Jahr wurden die Geldvermögen der Deutschen real um etwa 6% rasiert – um so viel lag die Geldentwertung über der nominalen Rendite. Nie zuvor seit 1945 verloren die Deutschen in einem Jahr so viel an Vermögen und Realeinkommen wie 2022. Man darf daran erinnern, dass die dafür ursächliche Geldpolitik nicht denkbar gewesen wäre ohne die zumindest stillschweigende Zustimmung der Bundesregierung: Denn sie war mit massiven Anleihekäufen durch die Notenbank verbunden, gegen die Deutschland mit Blick auf die Statuten der EZB leicht hätte vorgehen können, ohne es zu tun.
Hier war der Effekt immerhin noch ein indirekter: Die Bundesregierung hat diese Teilenteignung der Deutschen „nur“ zugelassen, aber nicht selbst betrieben. In anderen Bereichen tut sie genau das. Eine in vielen Punkten verfehlte, grüne Energie- und Klimaschutzpolitik hat die Energiepreise explodieren lassen und Deutschland in eine zähe Rezession geführt. Der Effekt auf Unternehmenswerte, Einkommen, Vermögen und auf die Immobilienpreise kommt einer Teilenteignung breiter Schichten nahe. Natürlich hat die Bundesregierung das nicht gewollt. Aber am Ende macht es für die Bürger keinen Unterschied, ob solche Verluste ganz bewusst oder nur aus Inkompetenz herbeigeführt werden. Der Weg aus diesem Schlamassel könnte lang und steinig werden.