
Chefredakteur
Editorial 05/2025
Die gängige Meinung in der Politik – abgesehen vom linken und rechten Rand des Spektrums – und in großen Teilen der Presse ist, dass die Russen nichts lieber tun würden, als nach dem Ukrainekrieg weiter in den Westen vorzumarschieren. Nur einmal angenommen, das wäre tatsächlich so. Dann wäre die baldige Lieferung von Hunderten von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine, wie dies der vermutlich neue Bundeskanzler Friedrich Merz befürwortet, unter Anreizgesichtspunkten ein völliger Wahnsinn: Denn Deutschland und Europa sollen erst in fünf Jahren kriegstüchtig sein, wofür das gigantische deutsche und EU-Wiederaufrüstungsprogramm beschlossen wurde. Die expansiven russischen Militärstrategen sollen aber brav warten, bis alles inventarisiert und eingelagert ist? Falls Putin tatsächlich attackieren wollte, müsste er dies tun, bevor die EU wehrhaft wäre. Nein, nicht doch – das wäre unrealistisch, meinen Sie? Die schon bald mögliche Taurus-Lieferung wird laut Pressesprecher Dmitri Peskow von der russischen Regierung jedoch ganz klar als Provokation und Eskalationsgrund gesehen!
Wechseln wir die Bühne: Was in den letzten Wochen an wirtschaftlichem „Feuerwerk“ gezündet wurde, lässt tatsächlich auch Assoziationen mit Krieg bzw. mit Wirtschaftskrieg aufkommen. In Anlehnung an den Doppel-Wumms des Altkanzlers Scholz müsste man bei der neuen Verschuldungsorgie, die unter Führung von Friedrich Merz abgesegnet wurde, eigentlich von einem Zehnfach-Wumms sprechen. Wir nennen das schlicht die Billionenbazooka! Nebenbei bemerkt wurde die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit mit dem infamen Trick bewerkstelligt, den bereits abgewählten alten Bundestag abstimmen zu lassen – was manch einer als Putsch interpretiert.
Und nur zwei Wochen später kontert der neue US-Präsident Trump mit einem wahren Bombardement an Zöllen auf die ganze Welt; nur, um es ein paar Tage und rund 5 Bio. USD an vernichteten Börsenwerten später für die meisten Länder wieder auszusetzen – für ein Vierteljahr, danach kommt das Thema wohl wieder auf den Tisch. Was bleibt, ist der Zollkrieg mit China, welches auch das Hauptziel von Trumps Aggression ist. Hier wird inzwischen sehr scharf geschossen – von beiden Seiten. Warum der Stern des amerikanischen „Imperiums“ tatsächlich sinken könnte und was Donald Trump dem entgegensetzen will, das lesen Sie im Artikel auf S. 24.
In diesem Heft werden Sie zudem eine Reihe von Artikeln finden, welche verschiedene Facetten das angedeuteten „Wirtschaftskriegs“ beleuchten und bewerten, allen voran unsere ausführliche Titelgeschichte ab S. 36, unsere Kolumne „Zu guter Letzt“ auf S. 66 und ein langer Leserbrief ab S. 62.
Als Anhänger der Österreichischen Schule haben wir naturgegeben viel übrig für Unternehmertum und damit konsequenterweise auch für Familiengesellschaften – nicht jeder Manager ist auch Unternehmer. Ab S. 10 behandeln wir deutsche familiengeführte und börsennotierte Small- und Mid Caps, die gerade jetzt – auf teils ausgebombtem Kursniveau – einen Blick wert sein könnten. Und ab S. 14 lesen Sie unser Interview mit Dr. Peter Stadelmann, der mit der RATIONAL AG eines der erfolgreichsten Unternehmen im deutschsprachigen Raum anführt und der sich darin en passant als Anhänger der Österreichischen Schule outet.
Noch viele weitere spannende Themen warten auf Sie – viel Freude beim Lesen!
Ralf Flierl,
Chefredakteur