Kurze Beine

Bild: © GROK

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… und große Bewegungen

Zauderer oder Zauberer?

Politische Börsen, so heißt es, haben kurze Beine. Das sollen sie mit den Lügen – oder waren es die Lügner? – gemein haben. Der 1,98m große Friedrich Merz wäre in dieser Hinsicht also eher untypisch und gilt ohnehin eher als Umfaller, was bei der Körpergröße dann doch zum Problem werden könnte. Ein Wahllügner will er jedenfalls nicht sein, eher so der Typ Macher, der postwendend auf neue Umstände reagiert habe – eine Art sauerländisches Ein-Mann-Krisen-Interventionsteam. Diese „neuen Umstände“ sollen in einer aus dem Ruder gelaufenen Pressekonferenz im Weißen Haus bestanden haben. Danach zog Merz die „Sondervermögen“ aus dem Zylinder wie ein Zauberer das Kaninchen. Von solcher Magie unbeeindruckt sind jene, die wissen, dass die Hasenartigen vor der großen Show längst platziert wurden. Es ist schlicht nicht glaubwürdig, dass „Mr. Schuldenbremse“ mehr als 1.000 Mrd. EUR mal eben so aus dem Ärmel schüttelt und zudem einen strammen Zeitplan hat, wie er das Ganze noch schnellstmöglich durch den Bundestag schiebt. Dass sich Spekulationen über einen angeblich bevorstehenden NATO-Austritt der USA mittlerweile als haltlos erwiesen haben, interessiert nicht. Ebenso unglaubwürdig ist die Kunstfigur „Merz, der Macher“, der bislang weniger als Magier der Staatskunst, denn als wetterwendischer Zauderer mit hoher Einknick-Rate auffällig geworden ist. Die Qualität der neuen Argumente, mit denen jegliche Haushaltsdisziplin abgeräumt wird, demonstrierte einstweilen schon einmal Unionsfraktionsvize Jens Spahn: „Was nützt die Schuldenbremse, wenn der Russe vor der Tür steht?“  

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Codewort: Kanzleramt

In dieser Rolle ist er sich treu geblieben. Schon die „Verhandlungen“ mit der SPD, die im Wesentlichen in einer Entgegennahme von Bedingungen bestanden, lassen Schlimmes für eine kommende Merz-Kanzlerschaft befürchten. Ein Wahlsieger, kein strahlender freilich, der alle Trümpfe schon im Vorfeld an den künftigen Junior-Partner aus der Hand gibt, kann eines schon mal nicht – verhandeln. Man stelle sich den Mann auf internationalem Parkett vor, gar gegen Bullys vom Kaliber Putin, Xi oder Trump. Doch so weit ist es ohnehin noch nicht. Zuletzt stolperte Merz über den Anrufbeantworter von Britta Haßelmann, als er dort unbedarft zu Protokoll gab, man könne das Wort „Klima“ auch in der Begründung für das Infrastruktur-„Sondervermögen“ erwähnen. Nein, das war kein Telefonscherz, sondern Telefon-Merz, wie er leibt und lebt. Der Chefverhandler in eigener Sache – Codewort: Kanzleramt –, der 500 Mrd. EUR Zusatzschulden und die Haushaltsöffnung für die Bundeswehr noch durch den bereits abgewählten Bundestag peitschen lassen will, scheint erst spät entdeckt zu haben, dass auch die Stimmen der Grünen benötigt werden bzw. bezahlt werden wollen. Diese werden den Preis für die Kanzlerträume weiter in die Höhe treiben. Hinsichtlich seines Fehlurteils versicherte Merz treuherzig: „Wenn ich es richtig einschätze, dann ist ja vieles von dem, um nicht zu sagen fast alles, was wir da vorschlagen, auch von den Grünen in der letzten Wahlperiode schon einmal vorgetragen worden …“ – und machte die Sache damit noch schlimmer. Zumindest nicht alle CDU-Wähler werden gewusst haben, dass es sich dabei nur um eine weitere grüne Partei handelt.

Autos zu Rüstung“

Im Moment scheinen die Märkte aber davon auszugehen, dass das Gesamtpaket von, je nach Berechnung, mehr als einer Bio. EUR durchkommen wird. Letztlich ist es eine politische Frage, also die Frage, welche roten und grünen Kröten die CDU und insbesondere die CSU schlucken werden, um in Regierungsverantwortung zu kommen. Schon mit den forsch vorgetragenen 551 Fragen zum NGO-Sumpf ist die CDU als Tiger gesprungen, aber als Fußabtreter gelandet. Diverse Klagen von AfD, Die Linke und der parteilosen Abgeordneten Joana Cotar gegen die geplanten Sondersitzungen des alten Bundestags dürften in Karlsruhe wohl abgebügelt werden. Das gleiche Schicksal dürfte die Klage des BSW auf Neuauszählung erleiden. Unter Prof. Dr. Stephan Harbarth (CDU) erwies sich das BVerfG bislang jedenfalls als politisch „zuverlässig“. Zwar zeigten sich deutsche Aktien in der zurückliegenden Woche irritiert, das lag aber am Störfeuer, das von der US-Politik kam (s.u.). Wie schnell sich die hiesige Industrie nun wandelt, dafür mögen drei Unternehmensmeldungen als Beleg dienen. Gestern gab Volkswagen ein Gewinnminus von fast 31% bekannt. Heute zog die zum Konzern gehörende Porsche AG mit einem Minus in Höhe von -30% nach. Von der Sonne beschienen zeigte sich dagegen die Bilanz des Panzerbauers Rheinmetall. Beim Umsatz standen +36% auf der Uhr, beim Gewinn sogar +61%. So sieht die „Zeitenwende“ in Zahlen aus. Wie eng Fahrzeugbau und Rüstung verzahnt sind, kann man daran erkennen, dass einige klassische Kfz-Zulieferer bereits für die Verteidigungsindustrie produzieren, um der Autokrise zu entgehen. Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) setzte sogar noch eins drauf: „Aktuell bietet das Freiwerden von Ressourcen im Automobil- und Automobilzulieferbereich in Deutschland besondere Chancen, Rüstungskapazitäten gerade im Bereich größerer Serien schnell hochzufahren. Das Motto könnte lauten ‚Autos zu Rüstung‘!“

Friedenspfeife & Zollhammer

Die große Politik wird ohnehin weiter in den USA gemacht. Ein Kernthema der amerikanischen Regierung ist ein Waffenstillstand in der Ukraine. Da Trump um nahezu jeden Preis den schnellen Erfolg sucht, ist Russland in einer vergleichsweise starken Verhandlungsposition. Gestärkt wird diese Position noch zusätzlich durch die US-Strafmaßnahmen gegen die ukrainische Regierung. Wohl auch vor diesem Hintergrund konnten die Russen zuletzt erhebliche Geländegewinne in der besetzten Region Kursk erzielen. Die Stadt Sudscha soll nach jüngsten Berichten wieder an Russland gefallen sein. Trump hat durch seine forsche und oft erratisch wirkende Vorgehensweise möglicherweise weder der Ukraine noch sich selbst einen Gefallen getan. Zumindest scheint die Verhandlungsposition der USA in der Sache schwächer als sie sein müsste.

Schnelle Erfolge sollen wohl auch in der US-Handelspolitik her. Trump ist förmlich versessen auf schnelle Deals, was durchaus auf Kosten der Qualität gehen kann. Inzwischen sind sogar die US-Aktienmärkte von der Ankündigung und Inkraftsetzung immer neuer Zölle stark verunsichert. Dazu kommen erste Warnungen vor einer möglichen US-Rezession („Trumpcession“). Die dürften nur wenige auf dem Radar gehabt haben, was zu entsprechender Ernüchterung der Anleger und einer massiven Abwärtsbewegung der führenden US-Indizes beigetragen hat. Schon jetzt kann man sagen, dass die US-Börsen, die während der ersten Amtszeit von Trump in dieser Phase noch kontinuierlich nach oben strebten, inzwischen einigermaßen verschnupft auf die ständigen Volten reagieren. Geschichte wiederholt sich nicht.

Wer liebt denn noch Tesla?

Besonders ausgeprägt war das Kursbeben bei US-Techwerten, was sich auch am NASDAQ 100 und einigen der besonders exponierten und lange Zeit gehypten NASDAQ-Giganten zeigt. Schon im Vorfeld wurden die teilweise extremen Bewertungen im Tech-Bereich immer wieder thematisiert, doch die Anleger lachten das Bewertungsproblem einfach weg. Lediglich von Warren Buffett ist bekannt, dass er sein Aktienengagement frühzeitig reduzierte, weshalb er nun einen Cash-Berg von mehr als 330 Mrd. USD vor sich herschiebt. Auch von seinen S&P-500-ETF-Positionen hat er sich getrennt. Jetzt, mit dem Verlust des Aufwärtsmomentums sind die Negativthemen schlagartig im Bewusstsein der breiteren Anlegerschaft angekommen.

Eine Aktie, die unter besonderer Beobachtung steht, ist Tesla (WKN: A1CX3T). Unternehmenschef Elon Musk war schon vor seiner engen Verbindung mit Donald Trump eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Inzwischen ist er, der regelmäßig mit seinen Posts polarisiert und mit dem eisernen DOGE-Besen die amerikanische Bürokratie durchfegt, bei einigen zur Hassfigur geworden. Das betrifft besonders jenes Milieu, das der Elektromobilität grundsätzlich durchaus zugetan ist. War die Aktie nach dem Wahlsieg Trumps noch einer der großen Gewinner, stürzte sie zuletzt gnadenlos ab. In immer mehr Ländern bilden sich Boykottbewegungen gegen US-Produkte im Allgemeinen und gegen Musk und Tesla im Speziellen. Nach dem gestrigen Kurssturz warb US-Präsident Trump vor dem Weißen Haus höchst selbst für die Elektroflitzer „Ich liebe Tesla“ und warf sich für Musk in die Bresche „Ein wahrhaft großer Amerikaner.“ Die Aktie quittierte dies zwar heute mit einem Kurssprung, eine derart enge Verbindung zwischen Regierung und privaten Geschäftsinteressen eines Einzelnen hat aber auch ein G’schmäckle. Die Episode zeigt, wie gefährlich der Kurs von Musk für seine Unternehmen werden kann. Vergrätzt er dauerhaft einen Teil des politischen Spektrums als Kunden, begrenzt er nicht nur seinen Absatzmarkt, ja nach einem erneuten Machtwechsel stünde er politisch sogar im Regen.

Zu den Märkten

Nachdem sich der DAX von dem Kursrückgang der Vorwoche noch rasch erholen konnte, ging es in der Berichtswoche erneut deutlich nach unten. Montag und Dienstag waren erneut zwei schwache Handelstage. Einziger Lichtblick waren die Umsätze, die unter denen der vorangegangen Jagd auf das Allzeithoch lagen. Heute konnte dann auch der DAX erst einmal durchschnaufen, bei Umsätzen, die ebenfalls eher verhalten waren. Zu einer wichtigen Unterstützung scheint sich der Bereich um 22.250 Punkte herauszubilden. Darunter sollten die Kurse nicht nachhaltig fallen, um das noch intakte positive Basisszenario nicht zu gefährden. Sollte diese Marke allerdings fallen, sollte man sich zumindest auf eine ausgedehntere Korrektur einstellen.

Chancen in jeder Marktphase

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Musterdepots & wikifolio

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Fazit

Langsam sind wir den Einfluss der Politik auf die Märkte leid. Keine Woche ohne Ankündigungen, Drohungen oder „Deals“. Aktuell sind es die US-Zölle und -Inflationssorgen sowie die stündlich anderen Entwicklungen um die Ukraine, welche die Märkte beunruhigen.

Ralf Flierl, Ralph Malisch

 

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