Ultralangläufer: Groschengrab oder Renditeknüller?

Dirk Stöwer

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Kolumne

Gastbeitrag von Dirk Stöwer, Kontor Stöwer Asset Management

Festverzinsliche Wertpapiere gelten als eine vergleichsweise sichere Anlagemöglichkeit. Diese Papiere bieten bei guter Bonität des Schuldners regelmäßige Zinszahlungen und die Rückzahlung des Nennwerts am Ende der Laufzeit. Doch es besteht eine verdeckte Gefahr: Anleihen mit extrem langen Laufzeiten bergen spezifische Risiken, die nicht unterschätzt werden sollten.

Die Laufzeit einer Anleihe kann von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahrzehnten variieren. Langlaufende Anleihen sind solche, deren Fälligkeit mehr als zehn Jahre in der Zukunft liegt. Anleihen mit ultralangen Laufzeiten, die 20, 50 oder sogar 100 Jahre („Century Bonds“) betragen können, fallen in diese Kategorie. Solche Papiere versprechen oft höhere Zinsen als ihre kurz- und mittelfristigen Pendants, was sie für Anleger auf den ersten Blick attraktiv macht.

Problemfall lange Laufzeiten
Das größte Risiko bei Anleihen, neben der Ausfallgefahr, ist das Zinsrisiko. Steigen die Zinssätze an den Finanzmärkten, sinkt der Preis bestehender Anleihen, da der Barwert der zukünftigen Zahlungsströme (Zinsen und Rückzahlung bei Fälligkeit) sinkt. Bei Anleihen mit kürzeren Laufzeiten ist dieses Risiko erheblich geringer, da die Kapitalrückzahlung früher erfolgt. Langlaufende Anleihen sind dagegen wesentlich sensibler gegenüber Zinsänderungen und können bei steigenden Zinsen zu dramatischen Verlusten führen. So würde sich eine 3%ige Anleihe mit einer Laufzeit von 50 Jahren in etwa rechnerisch halbieren, wenn das allgemeine Zinsniveau auf 6% steigt. Würde das Zinsniveau dagegen auf 12% ansteigen, würde der Anleger sogar einen rechnerischen Kursverlust von ca. 75% erleiden.

Wenn die Kaufkraft schrumpft
Ein weiteres Risiko ist das Inflationsrisiko. Der Zinssatz einer Anleihe mag fest sein, doch die Kaufkraft des zurückgezahlten Kapitals sinkt im Falle einer höheren Inflation. Wenn die Inflation über Jahre hinweg stark ansteigt, wird der Rückzahlungsbetrag am Ende der Laufzeit real deutlich weniger wert sein als ursprünglich angenommen. Da die Kapitalmarktzinsen auf eine anziehende Inflation mit einem Anstieg reagieren, werden die Inhaber von ultralangen Laufzeiten besonders hart gestraft. Nicht nur der aktuelle Kurs fällt bei einem steilen Zinsanstieg ins Bodenlose – auch die reale Kaufkraft des Kapitals schwindet durch das Anziehen der Konsumentenpreise.

Die Lehren der Siebziger
Ein Blick in die zweite Hälfte der 1970er Jahre hilft dabei, die Investoren für die Wirkmechanismen der Kapitalmärkte bei hoher Inflation zu sensibilisieren. So stiegen die Zinsen für zehnjährige US-Staatsanleihen 1981 auf über 15% und führten zu einer dramatischen Vermögensvernichtung, u.a. bei zahlreichen Pensionskassen und Privathaushalten. Doch wo Risiken schlummern, lauern auch Chancen. Ist sich der Anleger seiner Sache sicher und möchte mit hohem Hebel auf sinkende Zinsen setzen, sind Ultralangläufer die richtige Wahl.

Dirk Stöwer ist zusammen mit Martin Beckmann Geschäftsführer der Kontor Stöwer Asset Management in Trier. Beide verantworten den KSAM Einkommen Aktiv Fonds (WKN: A113US), den KSAM-Value² Fonds (WKN: A2QAX5), den KSAM REBO Flex Fonds (WKN: A3DV7N), den Scandinavian Value Builder (WKN: A2N66Y) und den NESTOR Europa Fonds (WKN: A2ALWN). Zudem betreuen sie in der Vermögensverwaltung bundesweit vermögende Privatkunden.

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