Was bleibt von Scholz
Die Zinsen, die Fed und der TrumpDie US-Notenbank entscheidet heute über eine abermalige Senkung der Zentralbankzinsen. Fed-Chef Jerome Powell wird dazu ab 20:00 Uhr vor Pressevertretern sprechen. Die erhoffen sich zusätzliche Hinweise zum weiteren Verlauf der Zinsentwicklung. Sollten Fingerzeige fehlen oder zu verklausuliert sein, so wird das die Akteure in den Handelssälen aber kaum daran hindern, auf Powells Worte im Sekundentakt zu reagieren und dadurch selbst wieder relevante Kursinformationen zu erzeugen. So entstehen Trends. Ob dabei auch der Startschuss zur späten Weihnachtsrally knallt, können aber nur Wahrsager wissen.
Wall Street Journal-Reporter Nick Timiraos gilt als einer der bestinformierten Fed-Beobachter. Er erwartet für heute eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte. Das dürfte am Markt bereits „eingepreist“ sein. Kursbewegend ist der Blick ins nächste Jahr. „Wir sind an oder nahe dem Punkt, an dem es sinnvoll ist, das Tempo der Zinssenkungen zu verlangsamen,” sagt Clevelands Fed-Präsident Beth Hammack. 2025 käme es demnach nur noch zu wenigen kleinen Zinssenkungen. Dann dürfte der von der Fed angestrebte „Neutralsatz“ erreicht sein: Das ist der Punkt, an dem Zentralbankzinsen und Inflation, Arbeitsmarkt und Preise für Vermögenswerte sich in einer Art Gleichgewicht halten, das freilich regelmäßig flüchtig ist. Fed-Experten sehen den Neutralsatz bei 2,5% bis 4%. „Es sieht so aus, als hätten wir bis dahin noch 50 bis 75 Basispunkte vor uns“, glaubt Donald Kohn, ein ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Fed.
Der größte Unsicherheitsfaktor bei der Operation Zinssenkung 2025 ist Donald Trump. Der designierte US-Präsident will Zölle einführen, Migranten nach Hause schicken, Amerikas Rust Belt re-industrialisieren. Alle Vorhaben treiben die Inflation wieder an, und das kann die Zinspläne der Fed schnell über den Haufen werfen.
Wo Gewinne gemacht werdenWas bleibt von der Kanzlerschaft des Olaf Scholz? An den Anfang und an das Ende wird man sich erinnern. Seinen größten Erfolg erreichte Olaf Scholz gleich zu Beginn: Er löste die gefühlt ewige Kanzlerin Angela Merkel ab. Nach Meinung mancher Kritiker bescherte die Frau dem Land 16 Jahre Stillstand. Viele der 82 Millionen Regierten dürfte sich während der Merkel-Zeit wie in einer Neuauflage des Biedermeier gefühlt haben. Es lebte sich scheinbar gut, tatsächlich jedoch wurde abgewrackt und das nicht nur bei den Autos (Kabinettsbeschluss von 2009). Smart Investor berichtete stets kritisch. Dagegen endete die kurze Regentschaft von Olaf Scholz mit einer Implosion in Zeitlupe. Fast hätte das quälend lange Regierungsende nach dem Bruch der Koalition länger gedauert als die Regierungszeit selbst. Schließlich stellte der Kanzler diese Woche doch noch die Vertrauensfrage. Nachdem die Wirklichkeit zunächst schon den grünen Wirtschaftsminister Habeck umzingelt hatte, erreichte sie nun den Kanzler und die Reste des Wünsch-dir-was-Regierungsprogramms der zerbrochenen Ampel. Die CDU-„Opposition“ zeigte sich davon unbeeindruckt. Sie ließ ihre historische Chance ungenutzt und hält bis zur Neuwahl Ende Februar freundlicherweise die Füßchen still.
Nun ist Wirklichkeit immer dann widrig, wenn man sie nicht anerkennt. Die Kunst des Regierens liegt also zunächst darin – und das scheint heute keine Selbstverständlichkeit mehr zu sein –, erst einmal in dieser Wirklichkeit anzukommen. Nur so kann man diese dann auch meistern. Das Anforderungsprofil für erfolgreiche Aktienanleger ist ähnlich: Sie blicken auf die Realität der Kurse, haben sie zu akzeptieren und dann gegebenenfalls zu reagieren. So entwickelten sich die Kurse in den USA besser als im Rest der Welt. Folglich nehmen die Profis vor allem US-Werte unter die Lupe. Der Chart zeigt die Wertentwicklung des FTSE All-World ex US Index, der 98 % aller investierbaren Aktien der Welt mit Ausnahme des US-Marktes abbildet. Handelbar ist der Index zum Beispiel über den Vanguard FTSE All-World ex-US ETF (WKN: A0MQH2).
Als Vergleichslinie im Chart ist die Wertentwicklung des US-Vorzeigeindex S&P 500 eingeblendet. Im S&P 500 sind die 500 kapitalstärksten US-Aktienunternehmen versammelt. Seit 2007 bringt es der S+P 500 auf 320% Kursgewinn. Der Index „Alle Aktien außer USA“ schafft in dieser Zeit nur 10% Gewinn.
Neue KI-ETFsDie USA sind weiterhin führend bei der Entwicklung von Spitzentechnologien, und der freie US-Kapitalmarkt erlaubt es Anlegern, an diesen Erfolgen teilzuhaben. Zwei neue ETFs widmen sich etwa den Themen „Künstliche Intelligenz“ und „KI-Infrastruktur“. Der iShares AI Adopters & Applications ETF (WKN: A40L9U) setzt auf dem Stoxx-Index Global AI Adopters and Applications auf. Dessen größte Positionen sind Palantir, Tesla, Salesforce, Spotify, Meituan (chinesische Kauf-App), Netflix sowie mehrere Banken als KI-Profiteure.
Der iShares AI Infrastructure ETF (WKN: A40L9T) setzt – der Name sagt es – auf das Thema KI-Infrastruktur; denn die Nvidia-Chips brauchen Cloud-Angebote, Server, Rechenzentren, Leitungen, Wasser, Strom usw. Der ETF gründet auf dem Stoxx Global AI Infrastructure Net Index. Die zehn größten Positionen enthalten keine Überraschungen, aber darum geht es auch nicht. Vielmehr sollen schon heute die mögliche Gewinner einer Zukunft ausgemacht werden, die sich immer deutlicher abzeichnet. Die Initiatoren von Index und ETF setzen dabei auf Amazon, Cisco, Nvidia, TSMC, Apple, Broadcom, IBM, Oracle, Microsoft, Qualcomm.
Zu den MärktenWie schon in der Vorwoche angedeutet, hat sich der DAX eine Verschnaufpause verdient. Die scharfe Rally seit Mitte November, das Durchschlagen der runden 20.000er Marke und eine Abfolge von Allzeithochs fordern ihren Tribut. Da ist es selbst in der Zeit der traditionellen Jahresendrally nichts Ungewöhnliches, dass der Index einmal ein wenig durchatmet.
Einen großen Einbruch erwarten wir aber schon deshalb nicht, weil sich die großen Kapitalsammelstellen so kurz vor Ultimo die schöne Jahresperformance sicher nicht noch verderben lassen wollen. Im Gegenteil, es wäre nicht das erste Mal, dass in der Feiertagswoche bei dünnem Handel sogar deutliche Kursaufschläge zu verzeichnen wären. Lassen wir uns überraschen. Die wirklich interessanten Kursbewegungen werden aber dann in den ersten Handelstagen des neuen Jahres zu beobachten sein.
Musterdepots & wikifolio
In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie unsere Updates zu den Musterdepots sowie zu unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“, diesmal mit der großen Monatsübersicht des Aktien-Musterdepots für Dezember 2024 inklusive der erfolgten Transaktion. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.
Fazit
Am Jahreswechsel 2024/2025 sehen wir eine Mischung aus rekordhohen Börsen und politischen Unsicherheiten, nicht zuletzt aufgrund der neuen Regierung in den USA und den noch anstehenden Neuwahlen in Deutschland. Für Spannung ist im nächsten Jahr also reichlich gesorgt.
Wir bedanken uns bei unseren Lesern und ganz besonders bei den Lesern des Smart Investor, dass Sie uns in 2024 treu zur Seite gestanden sind, und würden uns freuen, wenn wir Sie auch im kommenden Jahr mit einer kompetenten zweiten Meinung begleiten dürfen. Unser nächster Newsletter erscheint dann am 8.1.2025.
Damit Ihnen die Wartezeit bis dahin nicht zu lang wird und Sie zudem ordentlich Lesestoff für die Feiertage haben, erscheint der brandneue Smart Investor 1/2025 schon zum Wochenende. Darin findet sich nicht nur der traditionelle Kapitalmarktausblick für das kommende Börsenjahr. Unsere Autoren stellen Ihnen auch jene Favoriten ihrer Fachbereiche vor, von denen sie sich besonders viel erwarten.
Wir wünschen Ihnen ein Frohes Fest und einen guten Rutsch!
Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch
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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.
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