Karten neu gemischt

Titelbild: © Peter Atkins – stock.adobe.com

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Was wussten die Märkte?

„Too big to rig“

Wäre es nach den Mainstream-Medien gegangen, wäre die US-Präsidentschaftswahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen gewesen, bei dem sich dann Kamala Harris knapp durchgesetzt hätte. Insbesondere im deutschen Journalismus scheint die Grenze zwischen ernsthafter Analyse und bloßem Wunschdenken inzwischen offiziell aufgehoben. Nur eine Woche nach der Entscheidung ist der Name Harris aus der öffentlichen Debatte praktisch verschwunden. Donald Trump gewann in einem Erdrutschsieg sogar die kompletten Swing States. Das Votum für den ehemaligen und nun auch künftigen Präsidenten war also tatsächlich „Too big to rig“ („Zu groß, um zu manipulieren“), wie er es selbst einmal ausdrückte. War das Ergebnis überraschend? Jein. Keine Frage, wer sich auf den Medienmainstream verließ, der war verlassen. Die dort praktizierte aktivistische Pseudoberichterstattung beschleunigt aber nur den eigenen Niedergang. Zudem gruben die Wahlbörsen den Hohepriestern der Demoskopie das Wasser ab. Dort geht es nicht darum, seinen Hoffnungen Ausdruck zu verleihen, sondern mit echtem Geld, also mit „Skin in the Game“, auf das zutreffende Szenario zu setzen. Diese Börsen zeigten über Wochen einen klaren Pro-Trump-Trend, egal was da im Washingtoner ZDF-Studio und an vergleichbaren Orten geschwurbelt bzw. orakelt wurde. Eine erste Einschätzung zur Trump-Wahl und den Folgen für Deutschland nimmt Smart Investor-Chefredakteur Ralf Flierl hier für Sie per Video vor.

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Trump-Musk-Connection

Folgt man der Wahlbörsen-Argumentation, dann hätten die Aktienbörsen ebenfalls nicht überrascht sein dürfen, denn auch hier wird nicht nach politischer Erwünschtheit, sondern auf Basis ökonomischer Realitäten und Erwartungen gehandelt – theoretisch. In der Praxis wird die kalte Rationalität mitunter durch Euphorie oder Panik an die Seite gedrückt. Die Art und Weise, wie die Märkte auf das Wahlergebnis reagierten, zeigt zweierlei: Erstens war das Ergebnis (in dieser Form) nicht erwartet worden, sonst wäre die Reaktion nicht so stark ausgefallen. Zweitens wird der Wahlausgang von US-Aktienanlegern überwältigend positiv bewertet, allerdings mit unterschiedlichen Akzentuierungen. Zum Börsenstar avancierte die Aktie von Tesla (WKN: A1CX3T), die seit dem Wahltag in der Spitze um mehr als +40% oder rund 300 Mrd. USD an Marktkapitalisierung zulegen konnte. Unternehmensnachrichten, die einen solchen Zuwachs rechtfertigen könnten, gab es nicht. Des Rätsels Lösung ist die Person von Tesla-Chef Elon Musk. Der war zum glühenden Trump-Anhänger mutiert und wird in der neuen Administration eine wichtige Rolle spielen. Das eigens für ihn zu schaffende Department of Goverment Efficiency (DOGE) soll die Axt an die Staatsausgaben legen. Das wäre nicht nur für die USA überfällig. Eine aktuelle Bild-Umfrage weist etwa aus, dass sich mehr als 90% der Deutschen ebenfalls eine „Abteilung für Regierungseffizienz“ wünschen. Allerdings würde das „Afuera!“ („Raus!“) des argentinischen Präsidenten Milei hierzulande wohl allenfalls in homöopathischen Dosen verabreicht werden. Da ist dem unkonventionellen Denker und Macher Musk schon wesentlich mehr zuzutrauen. Das Akronym DOGE ist übrigens auch der Name einer Kryptowährung, die Musk seit einigen Jahren promotet. Nicht, dass er es nötig hätte, aber die Verbindung von privaten Geschäftsinteressen und einem Regierungsamt hinterlässt dennoch einen faden Beigeschmack. Spätestens seit dem DER SPIEGEL-Titel „Staatsfeind Nummer zwei“ ist zudem klar, dass die Messer auch gegen ihn gewetzt werden.

Euphorie im Bitcoin-Lager

Apropos Krypto: Einer der Hauptgewinner nach der Wahl war der Bitcoin. Dieser startete aus charttechnisch aussichtsreicher Lage und eroberte mühelos neue Allzeithochs. Davon profitierte unser Musterdepotwert MicroStrategy (WKN: 722713), der im Prinzip eine gehebelte, wenn auch nicht mehr billige Version des Bitcoins abbildet. Die Bitcoin-Stärke ist insofern erklärungsbedürftig, da dieser gerne zusammen mit Gold als alternatives Geld angesehen wird („digitales Gold“). Gold aber befindet sich seit der US-Wahl im Korrekturmodus. Argumente, die herumgereicht werden: Die Welt unter Trump könnte wohl wieder eine friedlichere werden wie schon während seiner letzten Präsidentschaft. Da wäre das Krisenmetall weniger gefragt. Zudem erwartet man von Trump positive Impulse für das Unternehmertum und die US-Wirtschaft. Hier gilt, das Bessere ist der Feind des Guten. Sollte die US-Wirtschaft tatsächlich brummen, werden die Anleger dann vorzugsweise dort investiert sein wollen. Die Stärke des US-Dollar deutet ebenfalls in diese Richtung und der ist ohnehin der klassische Gegenspieler des Goldpreises. Lediglich beim US-Haushaltsdefizit scheiden sich derzeit die Geister. Sollte das Musk-Team substanzielle Erfolge erzielen, könnte das weiteren Rückenwind für den US-Dollar erzeugen. Am Markt für langfristige US-Staatsanleihen teilt man diesen Optimismus jedoch nicht. Hier sind die Zinsen in den letzten Wochen deutlich geklettert, trotz der jüngsten Zinssenkung durch die Fed. Wir werden dieses Thema im nächsten Smart Investor 12/2024 noch etwas eingehender beleuchten.

Die aktuelle Bitcoin-Stärke dürfte eine andere Ursache haben. Trump zeigte sich nicht nur auf der Bitcoin 2024 Conference im Juli, sondern hielt dort einen Impulsvortrag, in dem er keinen Zweifel daran aufkommen ließ, dass er im Bitcoin-Lager steht, nicht aber im Lager der staatlichen Zentralbank-CBDCs. Damit nimmt die Trump-Präsidentschaft den Bitcoin-Anhängern erst einmal die Sorge vor einer Kriminalisierung von Bitcoin-Investments durch die Politik, was für entsprechende Erleichterung sorgt.

Make US-Nebenwerte great again?

Als wir vorhin vom Marktschwergewicht Tesla sprachen, beschäftigten wir uns mit einem Einzel- und Sonderfall. Betrachtet man dagegen die großen US-Indizes, so fällt zweierlei auf. Zum einen quittierten alle großen Indizes die Trump-Wahl mit deutlichen Kursaufschlägen. Bei NASDAQ 100, S&P 500 und Dow Jones Industrial wurde damit aber lediglich der schon vor Monaten etablierte Aufwärtstrend wieder aufgenommen. Anders ist dies beim Russell 2000 in dem die börsennotierten US-Unternehmen der „zweiten Reihe“ versammelt sind. Der verließ nun mit einem zweiten Schub eine längere Phase der Bodenbildung bzw. Vernachlässigung. Möglicherweise endet mit Trump die einsame Dominanz der Magnificent Seven und BigTech-Unternehmen. Es wäre zumindest kompatibel mit der „Make America Great Again“-Agenda, dass die Breite der US-Wirtschaft zu den Profiteuren gehören könnte.

Worte der Warnung

Allerdings erscheinen an dieser Stelle einige Worte der Warnung angebracht. Auch unter Trump werden die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Jahre der Schuldenwirtschaft haben tiefe Spuren in den US-Daten hinterlassen, wobei insbesondere die notorische Beharrlichkeit des Zwillingsdefizits (Haushalt & Handelsbilanz) zu erwähnen ist. Selbst mit der Bereitschaft hier umzusteuern, bleibt es ein enormer Kraftakt. Was die Märkte im Moment in Trump sehen, sind vor allem Projektionen – zum Teil basierend auf seinen Wahlkampfreden. Das gefällt zwar, aber jeder erwachsene Mensch weiß, dass die Welt nach der Wahl eine andere ist als vor der Wahl, ganz besonders was Versprechungen von Politikern betrifft. Greifbares gibt es im Moment noch nicht und die eigentlichen Regierungsgeschäfte werden erst am 20. Januar 2025 übergeben. Bis dahin kann einiges passieren, auch Enttäuschendes. Wichtige Impulse gehen zudem von der Zusammenstellung des Teams und weiteren Ankündigungen aus. Nicht jede Personalie dürfte so euphorisch aufgenommen werden wie die von Elon Musk.

Zu den Märkten

Die mögliche künftige US-Politik ist für den DAX im Moment nur eine Vorahnung, und zwar per Saldo wohl eher eine düstere. Konkreter sind da die aktuellen Wirtschaftsdaten und Aussichten. Diese wiederum werden maßgeblich vom politischen Kurs des Landes beeinflusst. Angesichts der Vielzahl der Einflussfaktoren ist kaum zu isolieren, wie die Marktteilnehmer etwa die anhaltende deutsche Regierungskrise bewerten. Sind sie erleichtert, dass mit der Ampel ein wirtschaftlicher Belastungsfaktor wegfallen wird, setzen sie Hoffnungen in eine künftige, von Friedrich Merz angeführte Regierung, oder ist ihnen das politische Gezerre in Berlin egal? Auffällig ist, dass der DAX weder die extrem guten Vorgaben der US-Aktienmärkte noch die US-Dollar-Stärke auf positive Weise aufnehmen kann. Aktuell kämpft der deutsche Leitindex sogar wieder mit dem Bereich von 19.000 Punkten, der oberen Begrenzung einer massiven Unterstützungszone. Mehr noch, oberhalb davon hat sich seit September eine mögliche Schulter-Kopf-Schulter-Umkehrformation herausgebildet, die spätestens mit einem Durchbruch unter die Unterstützung vollendet wäre und zunächst Abwärtspotenzial bis zur 200-Tage-Linie eröffnen würde, die derzeit bei rund 18.375 Punkten verläuft. Der steile Aufwärtstrend seit dem Tief von Anfang August war bereits Ende Oktober gebrochen worden. Ein letztes Warnzeichen ist die Entwicklung der Umsätze, die zuletzt vorzugsweise bei fallenden Kursen angeschwollen sind. Ein Durchbruch des DAX wäre im Moment also nicht überraschend.

Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie unsere Updates zu den Musterdepots sowie zu unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“ Die große Monatsübersicht für Oktober 2024 inklusive der erfolgten Transaktion war Bestandteil der Ausgabe 43/2024. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Nach der US-Präsidentschaftswahl schälen sich US-Aktien, der US-Dollar und der Bitcoin als Favoriten der Anleger heraus. Allerdings wird hier im Moment vor allem auf Basis von Projektionen gehandelt, die erst noch durch die künftige Regierung konkretisiert werden müssen.

Ralf Flierl, Ralph Malisch

 

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Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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