Interview
Smart Investor im Gespräch mit Marcel Fritsch, Bellevue Asset Management, über Generative Künstliche Intelligenz im Gesundheitssektor und die Ausrichtung des Bellevue AI Health (Lux) Fonds (WKN: A3E1ZT)
Smart Investor: Welche Segmente im Healthcare-Sektor profitieren aus Ihrer Sicht in besonderer Weise von der Generativen Künstlichen Intelligenz (GenAI)?
Fritsch: Das sind vor allem drei Segmente. Zunächst der Dienstleistungssektor im Gesundheitswesen: Dieser Bereich ist seit Langem von Ineffizienzen geprägt, insbesondere in administrativer Hinsicht. GenAI kann hier durch Automatisierung und Optimierung der Verwaltungstätigkeiten erhebliche Verbesserungen bewirken. Ärzte und Pflegepersonal können durch die Reduktion von administrativen Aufgaben bis zu 25% ihrer Arbeitszeit einsparen. Das trägt erheblich zur effizienteren Patientenbetreuung bei.
Ein wichtiger Profiteur ist auch die Medikamentenentwicklung. GenAI ermöglicht es, große und komplexe Datenpools aus Forschung, klinischen Studien und Patientendaten effizienter auszuwerten. Dies kann zu einer schnelleren und präziseren Entwicklung neuer Medikamente führen und gleichzeitig die Risiken und Kosten senken, die mit der hohen Misserfolgsrate in der traditionellen Medikamentenentwicklung verbunden sind.
Last but not least profitiert die Medizintechnik. GenAI trägt zur Erhöhung der Behandlungsqualität bei, indem sie Methoden optimiert und fortschrittliche Technologien unterstützt. So findet GenAI beispielsweise schon heute in der bildgebenden Diagnostik sowie bei AI-geführten Ultraschalluntersuchungen und der Früherkennung von Herzversagen zunehmend Anwendung. Diese Technologien ermöglichen präzisere Diagnosen und eine frühzeitige Intervention, was die Behandlungsergebnisse erheblich verbessert.
Smart Investor: Können Sie an einem der Top-Picks ausführen, welche fundamentalen Kriterien bei der Aktienauswahl für den Bellevue AI Health eine wesentliche Rolle spielen?
Fritsch: Ein gutes Beispiel ist Amgen – eines der größten Biotech-Unternehmen weltweit. Amgen investiert jährlich über 4,5 Mrd. USD in Forschung und Entwicklung neuer Medikamente. Das Unternehmen ist führend in „Generative Biology“ und u.a. bereits 2018 mit Google eine Partnerschaft auf dem Gebiet der Generativen AI eingegangen. Generative AI wird von Amgen eingesetzt für die Vorhersage von proteinbasierten Medikamentenkandidaten, die Entwicklung neuer Medikamente und die Optimierung klinischer Versuche. Laut Dr. David Reese, Chef für Forschung und Entwicklung bei Amgen, hat der „Generative-Biology-Ansatz“ die Zeit für die Identifikation von Antikörpern bereits halbiert und die Erfolgsrate sogar verdoppelt. Dies verkürzt die Entwicklungszeiten und reduziert die Entwicklungsrisiken, was für Amgen ein enormer Wettbewerbsvorteil ist. Bereits heute arbeitet der Biotechnologieriese an einer Generative-AI-Plattform, die mittels eines proprietären Supercomputers das Verhalten von Molekülen simulieren soll.
Smart Investor: Der Investmentansatz nutzt den proprietären „Bellevue AI Affinity Score“. Was muss man sich darunter konkret vorstellen und welchen Nutzen bringt er?
Fritsch: Das globale Healthcare-Universum umfasst rund 4.700 Unternehmen, ergänzt durch Technologieunternehmen mit starkem Healthcare-Fokus. Nach unserem ESG-Screening verbleiben ca. 4.500 Unternehmen. Unser AI-Screening reduziert das Anlageuniversum dann auf rund 600 Werte. Der von uns selbst entwickelte „Bellevue AI Affinity Score“ misst, wie intensiv ein Unternehmen GenAI nutzt und wie stark es in die dafür nötigen Ressourcen investiert. Je höher die Investitionen und die geschaffenen Ressourcen, desto höher der Score. Außerdem wird berücksichtigt, wie stark GenAI schon heute in einem Geschäftsmodell verankert ist. So spielen der Zugang zu Trainingsdaten, AI-Partnerschaften, die Finanzkraft des Unternehmens selbst und natürlich das Know-how eine wichtige Rolle. Wir setzen auf Unternehmen, die AI in ihre Unternehmensstrategie integriert und auf höchster Unternehmensstufe verankert haben. Zudem sollten sie signifikante finanzielle und personelle Ressourcen für AI bereitstellen. Sie sollen AI nutzen, um ihre eigenen internen Geschäftsabläufe zu optimieren und nicht zuletzt, um neue Produkte und Dienstleistungen kundengerechter und passgenauer zu entwickeln.
Smart Investor: Von welchem Umsatz- und Gewinnwachstum können Investoren mit Blick auf die nächsten Jahre bei den AI-Health-Firmen ausgehen, die für den Fonds ausgesucht wurden?
Fritsch: Der Shareholder Value wird maßgeblich von der erfolgreichen Umsetzung der AI-Strategie bestimmt und ist deshalb ein entscheidender Faktor für die Aktienselektion. Für unser Portfolio erwarten wir deshalb in den nächsten drei bis vier Jahren ein jährliches Umsatzwachstum von rund 9% und ein Gewinnwachstum pro Aktie von 16%.
Smart Investor: Herr Fritsch, vielen Dank für Ihre interessanten Ausführungen.
Marcel Fritsch ist Leiter und Portfoliomanager Healthcare Funds & Mandates bei Bellevue Asset Management sowie Senior Portfoliomanager des Bellevue Medtech & Services (Lux), Bellevue Digital Health (Lux) und Bellevue AI Health (Lux) Fonds. Er blickt auf über 20 Jahre Berufserfahrung im Bereich Medtech & Services zurück. Davor arbeitete er über drei Jahre als Berater bei Deloitte Touche Tohmatsu. Fritsch verfügt über einen Abschluss als Ökonom an der Universität St. Gallen.