Politik & Gesellschaft
Die zweite Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident beginnt mit massiven Disruptionen
Zweiter Anlauf
Üblicherweise wird einem Regierungschef für die ersten 100 Tagen seiner Amtszeit eine Art Schonfrist zugebilligt, dann wird eine Zwischenbilanz gezogen. Angesichts des vorgelegten Tempos kann man diese Frist bei Donald Trump getrost auf einen Monat verkürzen. Zudem ist Trump auch kein „neuer“ Regierungschef. Nicht nur hatte er das Amt des Präsidenten schon einmal, von 2017 bis 2021, inne – er machte in jener Zeit bereits intensive Erfahrungen mit dem Washingtoner Machtapparat. Trump wird die vier Jahre in der Warteschleife genutzt haben, um seine Vorhaben nun möglichst rasch in die Tat umzusetzen. Zudem kennt er heute die Korruptionsnetzwerke und Fallensteller des Politikbetriebs, die ihm während seiner ersten Amtszeit das Leben schwer gemacht hatten.
Make America Healthy Again
Schon Trumps Mannschaft lässt aufhorchen. Neuer Gesundheitsminister ist Robert F. Kennedy Jr., ein dezidierter Pharmakritiker, der sich zudem gegen evidenzlose Corona-Maßnahmen und die massenhafte Verabreichung der mRNA-Spritzen stark gemacht hatte. Sein Slogan „Make Amerika Healthy Again“ (MAHA) wird auch als Angriff auf die großen Nahrungsmittelkonzerne interpretiert. Eine Umkehr in der Gesundheitspolitik erscheint jedenfalls dringend nötig, denn das US-Gesundheitssystem ist nicht nur eines der teuersten der Welt (siehe Artikel auf S. 48), sondern die Volksgesundheit erodiert zudem seit Jahrzehnten sichtbar. Fettleibigkeit und Diabetes haben epidemische Ausmaße angenommen und die Lebenserwartung als der Wohlstandsindikator schlechthin liegt deutlich unter dem Höchstwert aus dem Jahr 2014.
Mit dem Stanford-Professor Jay Bhattacharya als neuem Direktor des National Institute of Health (NIH) dürfte Trump ein Glücksgriff gelungen sein. Der Mann hat frühzeitig das Corona-Narrativ hinterfragt und Maßnahmen wie Lockdowns öffentlich kritisiert. Wir erwarten daher Impulse aus den USA zur überfälligen Aufarbeitung der Corona-Jahre. Zentrale Figur der Pandemie war auf US-Seite Anthony Fauci, der frühere Chef des National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), der von Trumps Amtsvorgänger Biden noch auf den letzten Metern vorsorglich begnadigt wurde.
In der Gesundheitspolitik setzte Trump selbst ein erstes starkes Signal, als er noch am Tag der Amtseinführung den Austritt aus der WHO dekretierte. Die sogenannte Weltgesundheitsorganisation steht aufgrund der Zuwendungen dubioser Stiftungen und wegen der Personalie ihres Chefs bereits seit Längerem in der Kritik. Die im Jahr 2024 durchgesetzte Verschärfung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) und der Versuch einer Selbstermächtigung qua Internationalem Pandemievertrag brachten dann wohl das Fass zum Überlaufen.
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Schnittstellen zur Außenwelt
Eine weitere bemerkenswerte Personalie ist Tulsi Gabbard, die neue Koordinatorin der Geheimdienste und wie Kennedy ein ehemaliges Mitglied der Demokraten. Wesentliche Einwendungen gegen ihre Person beziehen sich auf die fehlende direkte Erfahrung in Geheimdienstangelegenheiten und auf Äußerungen, die als russlandfreundlich bewertet wurden. Auch bei Verteidigungsminister Pete Hegseth, einem Militärveteranen und ehemaligen Fox-News-Moderator, wird die mangelnde politische Erfahrung bemängelt. Dieser Kritikpunkt wiederholt sich fast zwangsläufig, da Trump, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen seiner ersten Amtszeit, tendenziell auf Außenseiter des politischen Systems setzt. Die Senatsbestätigung war hier denkbar knapp und konnte nur mit der Stimme von Vizepräsident J.D. Vance erreicht werden, der ebenfalls ein politischer Quereinsteiger ist. Von besonderem Interesse ist Außenminister Marco Rubio. Er war bis zu seiner Nominierung Senator für Florida. Zusammen mit Trump fordert er eine massive Erhöhung der Rüstungsanstrengungen der europäischen NATO-Mitglieder. Obwohl ebenfalls nicht unumstritten, brachte er das Kunststück fertig, vom Senat mit 99 zu null Stimmen bestätigt zu werden. Ein Kandidat mit derart breiter Zustimmung muss einen fast schon wieder nachdenklich stimmen.
„Mr. DOGE“
Die herausragende Persönlichkeit in der Trump-Administration ist Multiunternehmer Elon Musk, der das neu gegründete Department of Government Efficiency (DOGE) leitet. Vom ersten Tag an legte er hier mit dem eisernen Besen los und berichtet genüsslich über die neuesten Absurditäten aus den Bereichen Steuerverschwendung, Selbstbedienung und Korruption. Ähnliche Erfahrungen werden aus Argentinien gemeldet, wo der libertäre Präsident Javier Milei die wuchernde peronistische Bürokratie mit der „Kettensäge“ zurückschneidet. Das Ausmaß der Steuergeldverschwendung wird auch in Deutschland nicht anders sein. Zurück zu den USA: In ein regelrechtes Wespennest stach Musk mit dem Audit der Entwicklungshilfebehörde USAID. In diesem Vehikel scheint jede noch so absurde Ausgabe Platz gefunden zu haben, wobei Verwendungszwecke häufig nicht einmal dokumentiert wurden. Per Redaktionsschluss ist mit der US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) ein besonders dicker Brocken im Visier von DOGE.
Neuer Handlungsspielraum
Die erste grobe Stoßrichtung der America-First- und Make-America-Great-Again-Politik besteht darin, Handlungsfreiheit zurückzugewinnen. Vor den radikalen Einschnitten beschleunigte sich die US-Verschuldung so sehr, dass der Staatsbankrott nur noch eine Frage der Zeit war. Jetzt gibt es zumindest eine kleine Chance, dass dieser Prozess verlangsamt werden kann. Die Widerstände gegen DOGE sind gewaltig. Entscheidend ist, dass das Duo Trump/Musk die Schritte und Erfolge direkt mit der Bevölkerung kommuniziert, etwa über „X“ – denn viele jener Medien, die das Geschehen für uns ansonsten „einordnen“, standen selbst auf den Lohnlisten von USAID & Co. International besteht die Rückgewinnung des Handlungsspielraums vor allem darin, dass sich die USA aus jenen Verträgen und Organisationen befreien, in die sie immer stärker eingesponnen wurden. Dazu gehört sowohl die bereits erwähnte WHO als auch das sogenannte Pariser Klimaschutzabkommen. Noch am Tag seiner Amtseinführung kündigte Trump beide Mitgliedschaften per Dekret. Ein Beispiel, das Schule machen könnte.
Maßnahmenstakkato
Für den durch den deutschen Medienmainstream geeichten Beobachter sind etliche Trump-Entscheidungen geradezu abenteuerlich. So ist die Begnadigung der Teilnehmer des „Sturms auf das Kapitol“ nur dann zu verstehen, wenn man eine politisch motivierte Kriminalisierung der damaligen Demonstranten in Erwägung zieht. Die neue harte Grenzpolitik, insbesondere gegenüber Mexiko, trägt dagegen für jedermann sichtbare Früchte. Die Zahl illegaler Grenzübertritte soll auf den niedrigsten Stand seit 60 Jahren gefallen sein. In Energiefragen setzt Trump wieder verstärkt auf Öl und Gas („Drill, baby, drill!“), erklärt den Energienotstand und hebt sogenannte Klimaschutzmaßnahmen der Biden-Regierung auf. Auch in Sachen Künstliche Intelligenz (KI) löste Trump die Bremsen. Die bisherige KI-Regulierung wird eingestampft und ein „Aktionsplan“ für ideologiefreie KI-Systeme soll ausformuliert werden. Abgerundet wird das Ganze durch das KI-Infrastrukturprojekt „Stargate“, dessen Anschubfinanzierung aus der Privatwirtschaft erfolgen soll.
Kräftemessen und Sprunghaftigkeit
Bei Trumps außenpolitischen Initiativen schwankt die Welt allerdings zwischen Luftanhalten und Schnappatmung. Handelskonflikte gab es bereits mit den beiden Nachbarstaaten Mexiko und Kanada. Kolumbien knickte beim Kräftemessen um die Abschiebung kolumbianischer Staatsbürger unmittelbar ein, nachdem Trump mit empfindlichen Strafzöllen gedroht hatte. Auch das ist neue US-Außenpolitik. Erhebliche Irritationen lösten die Kanada-, Panama- und Grönlandambitionen des neuen Präsidenten aus, der beide Länder am liebsten eingemeinden würde. Man mag das Ganze noch als Posse abtun. Anders sah es da schon mit dem hochexplosiven Vorschlag für den nicht minder explosiven Gaza-Streifen aus. Konkret schlug Trump vor, dass die USA das Gebiet übernehmen sollten, während die dort lebenden Palästinenser dauerhaft umgesiedelt würden. Israels Premier Netanjahu lobte die „frischen Ideen“, aus dem arabischen Raum hagelte es harsche Kritik. Konkreter ist das Ultimatum an die Hamas zur Geiselfreilassung und die deutlich verschärfte Gangart gegenüber dem aktuell geschwächten Iran. Nur Bluffs oder die Bereitschaft zum Kriegseintritt?! Schließlich die Putin-Gespräche zur Ukraine: Die NATO und die komplett übergangene EU zeigten sich „not amused“.
Fazit
Nach dem ersten Monat Trump kann man zumindest sagen, dass es nicht langweilig wird. Der neue US-Präsident bricht alte Verkrustungen im Rekordtempo auf – und schießt dabei manches Mal über das Ziel hinaus. Die scheinbare Unbeschwertheit und Originalität seiner Ideen sind vor dem Hintergrund der erheblichen Einsätze kritisch zu sehen. Positiv ist dagegen, dass – zusammen mit Elon Musk – zwei Vollblutunternehmer ihren Hut in den Ring geworfen haben. Das könnte die USA wirtschaftlich wieder zu einer echten Erfolgsgeschichte machen.