Von Ralph Malisch, Stellvertretender Chefredakteur des Smart Investor
Kaum ein Begriff wird in Sonntagsreden so sehr auf das Podest gehoben wie derjenige der Freiheit – und keiner wird mit Alltagstaten so routiniert mit Füßen getreten und verhöhnt. Das Besondere am „freien Westen“ war nicht die Himmelsrichtung. Irgendwann ist die Freiheit als Wert, als der Wert unserer Gesellschaft, verloren gegangen und dabei wurde – wie beim Eigentum – kräftig nachgeholfen. Inzwischen werden Freiheit, Eigentum und Individualismus längst als Trio unsolidarischer Rücksichtslosigkeit karikiert, als Fremdkörper in einer kollektivistischen Mitmachgesellschaft, in der das „Wir“ der einzig legitime Ausdruck des eigenen Daseins sein soll.
Sprachaktivisten hatten die Freiheit im Januar gar zur „Floskel des Jahres“ gekürt, mit einer Begründung, die selbst aus dem Baukasten linker Politfloskeln zusammengewürfelt zu sein schien: So werde der Freiheitsbegriff von „Egoman*innen“ entwürdigt, die „rücksichtslos demokratische Gesellschaftstrukturen“ unterwanderten. Und weiter: „Im Namen der Freiheit verkehren sie selbstgerecht und unsolidarisch die essenziellen Werte eines Sozialstaates ins Gegenteil – alles für den eigenen Vorteil.“ Sprachforscher im Jahre 2023.
Unter dem Druck von Krisen wird den Bürgen zudem im besten Mafiastil ein vermeintlicher Deal angeboten, den sie nicht ablehnen können: Freiheit gegen Sicherheit. Und weil dies geradezu inflationär passiert, wird das Diktum von Benjamin Franklin von Tag zu Tag aktueller: „Diejenigen, die ihre grundlegende Freiheit aufgeben würden, um ein wenig vorübergehende Sicherheit zu erkaufen, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit.“ Damit hat Franklin schon anno 1755 jene Professoren intellektuell filetiert, die im Jahre 2023 einen argumentativen Schutzschirm über die Corona-Maßnahmen-Politik aufzuspannen versuchten, indem sie Kritik an den Freiheitseinschränkungen als „Vulgärliberalismus“ denunzierten. Freiheit, die für Wohlverhalten gewährt wird, nennt man nicht Freiheit, sondern Freigang.
Warum sich die Menschen die Freiheit leichter nehmen lassen als die Butter vom Brot, wusste auch die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach: „Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.“ Das wissen natürlich auch die modernen Sklavenhalter und lullen die Massen ein – mit billigem Dopamin aus Internet, Daddel-App und Fast-Food-Restaurant. Für manchen Bürger ist die höchste und einzige Freiheit, die er sich in einem zunehmend kafkaesken Umfeld noch vorzustellen vermag, die Laktosefreiheit seines Joghurts. Man mag darin ein Versagen der Medien erkennen, tatsächlich ist es ihre ultimative Zweckbestimmung. „Freiheit ist kein Geschenk, sondern eine Aufgabe“, mahnte der große Roland Baader. Doch Aufgaben, die zwar eminent wichtig sind, für die im Hamsterrad aber keiner die Zeit findet, bleiben unerledigt.
Das Regieren von Notstand zu Notstand – von Corona zu Krieg zu Klima zu … – wird zwar heute praktiziert, wurde aber schon lange vor unserer Zeit erdacht, etwa vom zweimaligen britischen Premierminister William Pitt der Jüngere (1759 bis 1806): „Not ist der Vorwand für jede Einschränkung der menschlichen Freiheit. Sie ist das Argument der Tyrannen und das Glaubensbekenntnis der Sklaven.“ Als Investoren sind Sie allerdings eigentümlich frei, denn niemand zwingt Sie, Ihr Anlagekapital über Nachhaltigkeits-agenturen und Kapitalsammelstellen in grüne Billionengräber zu verklappen. Aber bleiben Sie auf der Hut – die Falschen Freunde der Freiheit (FFF) treiben ihr Unwesen nicht nur am Freitag.