Gastbeitrag von Tobias Tretter, Commodity Capital AG
Kolumne
Die Energietransformation schreitet voran, ebenso der Erfolg der Elektromobilität. Dennoch haben die Aktien der Lithiumunternehmen seit Ende 2022 Verluste erlitten und notieren 50% bis 70% unter ihren Höchstständen.
Preis ohne reales Volumen
Hauptursächlich für die schwache Performance ist das übermäßige Augenmerk der Investoren auf den „Lithiumpreis“ in China. Dieser ist jedoch vorwiegend virtueller Natur, da kein reales Handelsvolumen für diesen Preis existiert. Im Gegensatz dazu verzeichnen die großen Produzenten wie Albemarle weiterhin Rekordquartale. Der Lithiumpreis in China setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: dem Rohstoff selbst und der Marge für die chemische Verarbeitung des Lithiumkonzentrats. Es herrscht ein intensiver Wettbewerb bei den Verarbeitern, der massiv auf die Marge gedrückt hat. Wir erwarten, dass sich die derzeitige, langfristig nicht nachhaltige Situation in den nächsten sechs Monaten entspannt.
In Kinderschuhen
Das enorme Potenzial von Lithium wird mittlerweile auch von multinationalen Konzernen wie Rio Tinto erkannt, die nach dem Kauf eines 800 Mio. USD teuren Projekts in Argentinien vermehrt nach Projekten in Kanada Ausschau hält. Auch Ölkonzerne wie ExxonMobil sichern sich erhebliche Flächen in Arkansas. Der gesamte Lithiumsektor steckt mit einem jährlichen Volumen von lediglich 5 Mrd. USD im Vergleich zum Kupfermarkt mit 200 Mrd. USD noch in den Kinderschuhen. Diese Unreife des Markts bietet derzeit eine einzigartige Gelegenheit für Investoren. Ein so junger Markt wie Lithium ist naturgemäß sehr volatil und es dauert, bis sich ein Gleichgewicht einstellt. Das übergeordnete Bild ist intakt, da große Marktteilnehmer in den Markt eintreten oder sich darauf vorbereiten.
Atomkraftausbau
Ein weiterer Trend der letzten Monate, der noch verstärkt werden könnte, ist Uran (Uranpreis: +40% im Jahr 2023). Das Thema wird in Deutschland kontrovers debattiert, aber die Fundamentaldaten sind offensichtlich, wenn wir über die Grenzen blicken. Kernkraft wird in der EU als „grüne“ Energiequelle angesehen, insbesondere in Nordamerika und Asien steht die Atomkraft vor einem erheblichen Ausbau. Dies spiegelt sich in der steigenden Nachfrage wider, die bis 2030 um mindestens 30% wachsen und sich bis 2040 mehr als verdoppeln wird. Dem gegenüber steht ein Angebot von nur 143 Mio. Pfund Uran im Jahr 2023, während die Nachfrage bereits bei 195 Mio. Pfund liegt. Der Markt leidet seit Jahren unter einem strukturellen Defizit, das zuvor durch nukleare Abrüstung und die Auswirkungen von Fukushima ausgeglichen wurde. Diese Situation hat sich nun geändert und das Defizit von über 50 Mio. Pfund wird sich in den kommenden Jahren weiter vergrößern. Es sind keine neuen Minen in Sicht, die in absehbarer Zeit in Produktion gehen können.
Fazit
Bei Lithium sehen wir ein enormes Potenzial, da es keine gleichwertige Substitution gibt. Die Automobilhersteller müssen den aufgerufenen Preis bezahlen, wenn sie ihre Produktion aufrechterhalten wollen. Im Falle von Kernkraftwerken befinden wir uns in einer ähnlichen Situation, da keine Alternativen zu Uran existieren und der Preis keine entscheidende Rolle bei den Betriebskosten spielt. Ob Uran nun 70 USD, 140 USD (altes Allzeithoch) oder gar 200 USD je Pfund kostet, ist irrelevant. Gute Aussichten für Uran- und Lithiumaktien; Rückschläge sehen wir als absolute Kaufgelegenheit für langfristige Investoren.
Als geschäftsführender Gesellschafter leitet Tobias Tretter die Commodity Capital AG seit ihrer Gründung 2009. Er fungiert dort als Portfoliomanager sowie als CIO und ist für die Investmententscheidungen der folgenden Fonds verantwortlich: Commodity Capital Global Mining Fonds (WKN: A0YDDD), Structured Solutions Next Generation Resources Fund (WKN: HAFX4V) sowie Structured Solutions Resource Income Fund (WKN: A2AT4F). Tretter erhielt seinen Prädikatsabschluss an der Universität Bayreuth mit einer Diplomarbeit über die Lebenszyklusanalyse von Rohstoffunternehmen. Seine Karriere begann er bei Credit Suisse Asset Management und setzte seine Erfahrung dann bei der Beratung des DJE Gold & Ressourcen sowie der Stabilitas mit ein. 2017, 2018 und 2022 erhielt Tretter den Lipper Fund Award für den „besten Rohstofffonds Europas“ sowie weitere namhafte Auszeichnungen, beispielsweise den Mountainview Award (2021 und 2022).