Der KI-Boom

Titelbild: © MichaelVi – stock.adobe.com

ARTIKEL TEILEN

Facebook
Twitter
LinkedIn
Email

Unbegründeter Hype oder Motor des Fortschritts?

Zentrum des Hypes

Künstliche Intelligenz (KI) ist das Thema in den Handelssälen, bei Analysten und Investoren. Die Finanzexperten von PwC sagen voraus, dass bis zum Ende der 2020er-Jahre rund 16 Bio. USD an zusätzlicher Wertschöpfung entstehen – allein durch die KI-gestützt effizientere Nutzung von Daten. Dazu kommen Möglichkeiten der Qualitäts- und Produktionssteigerung und der Individualisierung mittels KI.

Im Zentrum des aktuellen KI-Booms steht das US-Technologieunternehmen Nvidia (WKN: 918422). Man kann den Einfluss, den Nvidia auf die Entwicklung der weltweiten Börsenkurse in der ersten Jahreshälfte genommen hat, kaum überschätzen. Das Unternehmen gab Tech-Investoren, die in einer Post-Pandemie-Kursdepression steckten, den Optimismus zurück – und Börse besteht zur Hälfte aus Psychologie, mindestens.

Zuerst entdeckten die (wieder) aufgeweckten Investoren Nvidia als KI-Schmiede. Im Nvidia Supercomputer DGX GH 200 stecken 256 Grace-Hopper-Superchips. Zu einem Cluster verbunden steht damit eine Rechenleistung von 1 Exaflop zur Verfügung und befeuert professionelle KI-Anwendungen. Der „Tech-Sprech“ sollte klarmachen, dass solche Maschinen und deren Rechenleistung die Fantasie beflügeln, was den Nvidia-Kurs in stratosphärische Höhen trieb. Nach und nach wurden auch andere Big-Tech-Unternehmen als Profiteure des KI-Trends entdeckt. In der Folge zogen die Kurse von Alphabet, Meta, Adobe und Palantir kräftig an.

Nun aber, am Mittwochabend nach Börsenschluss, kommt die Stunde der Wahrheit: Die Nvidia-Bosse legen die neuen Geschäftszahlen vor und werden einen Ausblick geben. Gerät dieser auch nur einen Tick zu verhalten … Oh, oh, oh. Das könnte ein Desaster werden. Die Kurse sind weit vorausgelaufen. Andererseits dürfte ein möglicher Kursrutsch bald die Schnäppchenjäger auf den Plan rufen, die sind schon lange in Lauerstellung, um endlich ein paar der begehrten Wunderaktien mit deutlichem Abschlag einzusammeln. Denn die KI-Story ist auch morgen noch intakt. Oder aber es kommt ganz anders und der Ausblick gefällt, übertrifft gar die Erwartungen. Das ist zwar kaum vorstellbar, aber passiert das Undenkbare, wäre das exakt der Treibstoff, der eine neue Stufe der Kursrakete zünden könnte.

BRICS oder nix

Zurzeit treffen sich in Südafrika die Vertreter der BRICS-Staaten. Das Kunstwort BRICS wurde gebildet aus den Anfangsbuchstaben von fünf aufstrebenden Staaten, die wirtschaftlich lange in der zweiten Reihe standen: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Der Gipfel ist hochkarätig besetzt; Chinas Präsident Xi Jinping, Brasiliens Oberhaupt Lula da Silva, Südafrikas Cyril Ramaphosa und Indiens Premierminister Narendra Modi werden erwartet. Für Russland hat sich Außenminister Sergej Lawrow angekündigt. Wladimir Putin verzichtet auf ein Erscheinen; wohl um Südafrika diplomatische Verwicklungen zu ersparen. Bekanntlich hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag einen Haftbefehl gegen Putin erlassen.

Das spannendste Thema der Konferenz dürfte ein möglicher Devisen-Coup sein. Die selbstbewussten Fünf lassen nämlich ihre Experten und Währungstechniker sehr laut darüber nachdenken, ob und wie sie eine Konkurrenz zur Weltleitwährung US-Dollar schaffen könnten. Schließlich entfallen nur 10% des Welthandels auf die USA und viele Rohstoffe kommen aus den BRICS-Staaten. Warum sollten die BRICS sich also weiter vom Dollar abhängig machen? Erhöhen die USA beispielsweise die Zinsen, müssen die BRICS nolens volens nachziehen, sonst flieht das Kapital. Verhalten sich einzelne BRICS-Staaten aus Sicht der USA „ungebührlich”, droht ihnen zudem der Ausschluss aus dem US-Dollar-Raum. Gerade nach dem Sanktions-Tsunami gegen Russland gewinnt das Nachdenken über eine Loslösung vom Dollar an Dynamik, besonders in China. Da die möglichen Konfliktfelder zwischen Peking und Washington perspektivisch nicht weniger werden dürften, wird man in China sehr genau beobachtet haben, wie die USA und ihre Verbündeten den US-Dollar und die internationalen Zahlungsverkehrssysteme zu Mitteln der Sanktionspolitik umfunktioniert haben.

Ein eigener Währungsraum, zudem einer, der mit Gold unterlegt ist, wäre eine Unabhängigkeitserklärung gegenüber der westliche (Währungs-)Welt und deren FIAT-Geldsystemen. Dennoch, so sagen Experten, dürfte vom Gipfel in Südafrika allenfalls ein Anstoß zur „Ent-Dollarisierung” der BRICS ausgehen. Einer der Gründe: Die BRICS begäben sich mit der neu geschaffenen Währung in die Abhängigkeit von China, das mit Abstand die stärkste Volkswirtschaft des Wirtschaftsraums hat. Die neue Währung wäre damit vor allem ein aufgebohrter Renminbi. Gerade Putin, durch seinen Ukraine-Krieg einigermaßen klamm – und eine weitere Umklammerung Chinas fürchtend –, würde das kaum gefallen. Falls Russland, das die Gerüchte zunächst gestreut hatte, bei den Währungsplänen schließlich ausschert, dürfte die Luft erst einmal aus dem Projekt raus sein. Vorerst zumindest. Laut gedacht wird weiter werden, und der nächste Gipfel kommt bestimmt.

Zins-Fantasien

Die Konkurrenzveranstaltung zur BRICS-Show läuft von Donnerstag bis Samstag im malerischen Jackson Hole zu Wyoming (USA). Zum Symposium treffen sich die Notenbanker der Welt, allen voran Fed-Chef Jerome Powell. Ihn, den Herrn des Dollars, darf man unzweifelhaft als mächtigsten Geldmann des Planeten bezeichnen, und auf seine – gewohnt unscharf formulierten – Sätze wird es in Jackson Hole ankommen: Werden die Dollarzinsen eher steigen? Das würde die Aktienkurse belasten. Oder glaubt Powell, die Zinsen dürfen schon bald gesenkt werden? Da käme Jubel bei den Börsianern auf. So oder so, es ist eine der spannendsten Börsenwochen des Jahres.

Der neue Smart Investor kommt!

Zur Spannung trägt natürlich auch das Erscheinen des neuen Smart Investor 9/2023 zum Wochenende bei. In unserer Titelgeschichte geht es um „ESG“, drei Buchstaben, welche die Investmentwelt in den letzten Jahren wie kaum etwas anderes geprägt haben. Wir gehen auf Spurensuche. Woher kommt ESG, wer sind die treibenden Kräfte und was bringt es den Anlegern? Natürlich stellen wir auch einige interessante Ökoaktien vor – für ein gutes Gewissen und eine gute Rendite. Ein großes Interview gibt es mit der scheidenden Vizepräsidentin der Oesterreichischen Nationalbank, Prof. Dr. Barbara Kolm. Wie keine Zweite kennt sie die Theorie der Austrians und die Praxis einer Notenbank. Ein Thema, über das immer wieder gestritten wird, ist der Freihandel. Wir zeichnen die Highlights einer lebhaften Diskussion bei den Erfurter Hayek-Tagen nach. In einem Hintergrundbeitrag geht es um die Auswirkungen der demografischen Entwicklung. Die Zeitbombe tickt zwar langsam, aber unaufhaltsam; die Lasten sind enorm. Doch es gibt auch Positives zu berichten, etwa über den Uransektor, der vor einer strahlenden Zukunft steht. Das ist durchaus positiv gemeint, denn dem deutschen Sonderweg schließt sich die Welt erkennbar nicht an. Das und vieles mehr im neuen Smart Investor 9/2023.

Zu den Märkten

Noch immer zeigt sich der deutsche Aktienmarkt erstaunlich robust. Nach den drei versagenden Allzeithochs (Abb., graue Dreiecke), mit denen wir uns auch im kommenden Smart Investor 9/2023 in der Rubrik Charttechnik beschäftigen, erfolgte der Verletzung eines weiteren mittelfristigen Aufwärtstrends (schwarze Linie). Dennoch wurde die Steilvorlage für einen nachhaltigen Durchbruch des Bereichs von 15.500 Punkten bislang nicht aufgenommen. Der Markt drehte sogar ziemlich genau auf dem Niveau des letzten Tiefs, was als kleines Zeichen der Stärke angesehen werden kann. Sollte man das Ganze also als eine komplexe Konsolidierung im Aufwärtstrend abtun? Eher nicht, schon gar nicht bevor wir den September überstanden haben. Auf saisonalen Rückenwind dürfen die Börsianer in den nächsten Wochen nämlich nicht hoffen. Bei genauer Betrachtung könnte der DAX aktuell sogar an einer seltenen Umkehrformation arbeiten, dem „Broadening Top“ („sich verbreiternder Gipfel“, rote Linien). Dieses zeichnet sich durch steigende Hochs bei gleichzeitig rückläufigen Tiefs aus. Mit Standardmethoden ist ein solches Chartbild kaum in den Griff zu bekommen, da sowohl nach oben als auch nach unten eine Folge falscher Ausbrüche erzeugt wird. Erst wenn die Trader maximal zermürbt sind, entscheidet sich der Markt dann für eine Richtung, die aufgrund der Gesamtsituation tendenziell nach unten weisen sollte.

Schon jetzt positionieren

An dieser Stelle dürfen wir noch einmal an den heraufziehenden Veranstaltungsherbst erinnern. Es warten hochinteressante Formate auf Sie, bei denen Sie auch die Gelegenheit haben werden, sich mit Experten und Gleichgesinnten zu vernetzen. Das ist gut investiertes Geld bzw. gut investierte Zeit.

Den Anfang macht SRC Research mit dem SRC Forum Financials & Real Estate 2023, einer Veranstaltungsreihe, die sich an Investoren im Bereich der Finanz- und Immobilienaktien wendet. Im zwanzigsten Jahr ist die Liste der präsentierenden Unternehmen kürzer geworden, was man auch als Konjunkturindikator lesen kann. Andererseits zeigt sich gerade in schwierigeren Zeiten, wie ernst die betreffenden Unternehmen ihr Engagement am deutschen Kapitalmarkt nehmen. Nähere Informationen zu dieser Veranstaltung am 12.9. in Frankfurt, die sogar kostenfrei ist, finden Sie im aktuellen Smart Investor 8/2023 auf S. 11 oder unter www.src-research.de/ffs.

Weiter geht es am 30.9. mit der Investmentkonferenz „World of Value“ ebenfalls in Frankfurt/Main. Dort haben Sie Gelegenheit einige der bekanntesten Köpfe der deutschen Investmentszene einen Tag lang live und hautnah zu erleben. Ein besonderes Highlight ist der Risikoexperte Dr. Markus Krall, der schon früh auf die Möglichkeit einer gemeinsamen BRICS-Währung aufmerksam gemacht hat. Am 30.9. wird er auch für Fragen um dieses hochspannende Thema zur Verfügung stehen. Eine Anzeige zu dieser Veranstaltung finden Sie ebenfalls im aktuellen Smart Investor 8/2023 auf S. 25, inklusive eines Rabatt-Coupons über 20% der Tagungsgebühr.

ANZEIGE



Musterdepots & wikifolio

In der Rubrik Musterdepots & wikifolio finden Sie heute unser Monatsupdate zum Aktienmusterdepot inklusive der großen Übersichtstabelle. Durch einen Klick vergrößert sich die Tabelle auf ein lesefreundliches Format. Ferner finden Sie in der Rubrik ein kurzes Update zu unserem wikifolio „Smart Investor – Momentum“. Im Musterdepotbereich können Sie sich durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die Transaktionen der letzten Wochen verschaffen. Um diesen Bereich lesen zu können, müssen Sie Abonnent des Smart Investor Magazins sein und sich auf der Smart-Investor-Website einloggen. Sollten Sie Ihr Passwort vergessen haben, fordern Sie bitte ein neues bei abo@smartinvestor.de an.

Fazit

Alles schaut auf Nvidia – wir auch.

Ralf Flierl, Frank Sauerland, Ralph Malisch

Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte:
Ein mit “*“ gekennzeichnetes Wertpapier oder ein Derivat darauf wird zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Publikation oder der Smart Investor Printausgabe von mindestens einem Mitarbeiter der Redaktion gehalten.

Abonnements:
Unsere Smart Investor Abonnements finden Sie hier.

Das Magazin:
Das aktuelle Smart Investor Magazin finden unsere Abonnenten hier.

E-Mail-Versand:
Sollten Sie den E-Mail-Versand abbestellen wollen, so benutzen Sie bitte den Abmelde-Link unter dem Newsletter bzw. schicken uns eine E-Mail mit dem Betreff “Abbestellen des SIW” an
weekly@smartinvestor.de.

Unsere Datenschutzerklärung finden sie hier.

Die Charts wurden erstellt mit stock3 und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik erscheint jeden Mittwochnachmittag.

Unsere Depotempfehlung: das Depot von smartbroker.de. Bereits ab 0 € Gebühren Wertpapiere handeln.

UNSERE EMPFEHLUNGEN