Interview
Smart Investor im Gespräch mit Tobias Tretter, Commodity Capital AG, über goldene Aussichten für das Edelmetall und den massiven Anstieg der Lithiumnachfrage
Smart Investor: Goldinvestoren hatten gehofft, dass das Edelmetall nach einem guten Jahresstart Richtung 2.000 USD läuft. Seit Anfang Februar gibt es eine Achterbahnfahrt. Kürzlich hat die Feinunze die Marke von 1.900 USD hinter sich gelassen. Wie geht es aus Ihrer Sicht weiter?
Tretter: Der Goldpreis folgt bereits seit Längerem in erster Linie den Entscheidungen der Notenbanken. Der Hauptgrund dafür, dass eine Goldrally trotz neuer Rekordkäufe der Notenbanken bislang ausgeblieben ist: Der Fed ist es bislang gelungen, die Illusion aufrechtzuerhalten, dass man alles dafür tun wird, um die Inflation erfolgreich zu bekämpfen. In der heutigen Welt ist, anders als noch zu Paul Volckers Zeiten in den 1980er-Jahren, eine Erhöhung der Zinsen auf das Niveau der Inflation oder sogar darüber hinaus unrealistisch. Mittlerweile sind neben den Staaten auch Unternehmen und private Haushalte überschuldet, weitere Erhöhungen der Zinsen würden zu einer Weltwirtschaftskrise führen. Unabhängig von der weiteren Inflationsentwicklung steht ein Ende des Drehens an der Zinsschraube im zweiten Halbjahr 2023 bevor. Sobald die Investoren erkennen, dass die Fed nicht in der Lage ist, die Inflation zu stoppen, wird Gold in einem Umfeld mit negativen realen Renditen massiv profitieren. Vor diesem Hintergrund erwarten wir noch 2023 einen deutlichen Anstieg des Goldpreises.
Smart Investor: Welche Rohstoffe sind aus Ihrer Sicht aktuell für Investoren attraktiv?
Tretter: Grundsätzlich sehen wir bei fast allen Rohstoffen das gleiche Bild. Die Industrie hat sich daran gewöhnt, dass man Rohstoffe „just in time“ bestellt und diese auch geliefert bekommt. Die Tatsachen, dass viel zu wenig in neue Produktionen investiert wurde und sich u.a. aufgrund von Umweltvorschriften etc. auch die Zeiten zum Aufbau neuer Minen massiv verlängert haben, wollte man nicht wahrhaben. Insbesondere bei Rohstoffen, die bei der Elektrifizierung und dem Umstieg auf regenerative Energien benötigt werden, besteht eine massive Angebotslücke. Neben Lithium müssen Kupfer, seltene Erden oder Nickel an erster Stelle genannt werden. Uran erlebt außerhalb Deutschlands ebenfalls eine Renaissance. Die Uranpreise sind bereits stark gestiegen, die weltweite Nachfrage steigt kontinuierlich.
Smart Investor: Der Commodity Capital Global Mining, der auch Teil unseres Musterdepots ist, muss seit 2022 eine Durststrecke bewältigen. Was sind die Gründe dafür?
Tretter: Der Hauptgrund liegt in der Strategie des Fonds mit dem Fokus auf Junior- und Explorationsunternehmen. Ein Bullenmarkt im Minensektor verläuft fast immer ähnlich. Erst steigen die Aktienkurse der Majors, da sie am liquidesten sind. Danach folgen die Juniors und Explorer, wobei diese meist in wenigen Monaten die schlechtere Performance zu Beginn einer neuen Hausse ausgleichen und dann die Majors deutlich outperformen. Die Majors bauen jeden Tag Ressourcen ab und müssen diese durch Übernahmen von Juniorunternehmen wieder auffüllen. Insbesondere in einem Markt, in dem es an zahlreichen Neuentdeckungen mangelt, sind die Junior- und Explorationsunternehmen bestens aufgestellt. Wir sehen uns dabei mit unserem Ansatz, auf kommende Produzenten und Übernahmeziele in sicheren Jurisdiktionen zu setzen, gut aufgestellt.
Smart Investor: Im Structured Solutions – Next Generation Resources spielen Lithiumtitel eine wichtige Rolle. Wie ist die Situation am Lithiummarkt und bei den entsprechenden Minen?
Tretter: Der Lithiummarkt befindet sich in einer völlig verrückten, aber auch vorhersehbaren Situation. Lithium ist kein seltener Rohstoff – allerdings führen die Nachfragesteigerungen zu massiven Problemen. Wenn ab 2035 das Verbot des Verbrenners in der EU kommen soll, muss sich die Politik überlegen, wie und vor allem woher sie das Lithium bekommen will. Wir sprechen aktuell davon, dass sich die Produktion bis 2030 von 600.000 Tonnen auf mindestens 3 Mio. Tonnen verfünffachen soll! Neue Lithiumvorkommen benötigen etwa zehn bis zwölf Jahre von der Entdeckung bis zur Produktion. 2022 hat man endlich begonnen, die Exploration weltweit voranzutreiben. Vor dieser Mangellage ist das jüngste Investment von General Motors in Lithium Americas für 650 Mio. USD zu bewerten – eine Investition in ein Projekt, das noch nicht einmal alle Genehmigungen besitzt! Die Minenaktien haben in meinen Augen erhebliches Potenzial. Die Preise sind in unseren Augen sehr hoch; allerdings sind Zweifel an einer Entspannung der Märkte angebracht, da wir einfach keine neue Produktion sehen, die die Preise drücken könnte.
Smart Investor: Wie gehen Sie bei der Titelauswahl vor?
Tretter: Bei uns spielt die Managementqualität die Hauptrolle. Zu viele gute Projekte wurden von schlechten Managementteams in den Konkurs getrieben. Die politische Sicherheit ist ebenfalls wesentlich, weshalb wir hauptsächlich in Nordamerika oder Australien investieren. Zudem sind unsere Projektbesuche ein entscheidendes Kriterium. Die Beziehung zur lokalen Bevölkerung und die Einhaltung von ESG-Kriterien sind für den langfristigen Erfolg entscheidend.
Smart Investor: Herr Tretter, vielen Dank für die interessanten Ausführungen.
Als geschäftsführender Gesellschafter leitet Tobias Tretter die Commodity Capital AG seit ihrer Gründung 2009. Er fungiert dort als Portfoliomanager sowie als CIO und ist für die Investmententscheidungen der folgenden Fonds verantwortlich: Commodity Capital Global Mining Fonds (WKN: A0YDDD), Structured Solutions Next Generation Resources Fund (WKN: HAFX4V) sowie Structured Solutions Resource Income Fund (WKN: A2AT4F). Tretter erhielt seinen Prädikatsabschluss an der Universität Bayreuth mit einer Diplomarbeit über die Lebenszyklusanalyse von Rohstoffunternehmen. Seine Karriere begann Tretter bei der Credit Suisse Asset Management und setzte seine Erfahrung dann bei der Beratung des DJE Gold und Ressourcen sowie der Stabilitas mit ein. 2017, 2018 und 2022 erhielt Tretter den Lipper Fund Award für den „besten Rohstofffonds Europas“ sowie weitere namhafte Auszeichnungen, beispielsweise den Mountainview Award (2021 und 2022).