Interview
Smart Investor im Gespräch mit Louis Puga, Société de Gestion Prévoir, über Treue zum Investmentansatz in schwierigen Zeiten und Kaufgelegenheiten bei Wachstumsunternehmen hoher Qualität
Smart Investor: Sie haben Anfang des Jahres das Fondsmanagement des Prévoir Gestion Actions (WKN: A1T7ND) von Armin Zinser übernommen. Können Sie Ihren Investmentansatz umreißen? Worin liegen Unterschiede zu Ihrem Vorgänger?
Puga: Als ich mich letztes Jahr entschied, bei Prévoir Asset Management einzusteigen, war es mein Wunsch, mit Herrn Zinser zusammenzuarbeiten, weil unsere Ansätze absolut gleichgerichtet sind. Ziel ist es, Werte für unsere Kunden zu schaffen. Der Weg besteht darin, in Qualitätsunternehmen zu investieren, die in schnell wachsenden Regionen tätig sind. Sie weisen eine geringe bzw. keine Verschuldung auf und sind idealerweise eigentümergeführt. Dabei ist die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle essenziell. In schwierigen Zeiten ist es sehr wichtig, nicht auf den Lärm der Märkte zu hören und sich auf die Strategie zu konzentrieren.
Smart Investor: Apropos „Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle“ – welche Kriterien legen Sie dabei an? Welche Sektoren und Unternehmen sind aus Ihrer Sicht unter diesem Aspekt attraktiv?
Puga: Ein nachhaltiges Unternehmen ist aus unserer Sicht ein wachsendes Unternehmen, das Rückenwind durch Megatrends bekommt. Die Folge daraus: Mittelfristig besteht eine anhaltend hohe Nachfrage nach den entsprechenden Produkten oder Dienstleistungen. Das Management investiert, um weiter Marktanteile zu gewinnen. Ein Beispiel: IT-Dienstleistungen werden für Unternehmen immer wichtiger. Tatsache ist jedoch, dass die überwiegende Mehrheit der Firmen erheblichen Nachholbedarf im Bereich IT-Services hat. Davon dürften die IT-Dienstleister Reply, SeSa oder GFT profitieren, in die wir im Fonds investieren. Ein weiterer sehr interessanter Sektor mit vielerlei nachhaltigen Geschäftsmodellen ist die Halbleiterindustrie. Die Zahl der Anwendungen in der Automobilindustrie, im Gesundheitswesen, in der Mobilität oder im Bauwesen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Aus diesem Grund haben wir ASM International, Soitec oder ASML im Fonds.
Smart Investor: Wachstumstitel leiden aktuell u.a. durch Inflation und Zinserhöhungsdebatten; der Fonds hat seit Jahresbeginn fast 31% verloren. Wie gehen Sie damit um?
Puga: Zunächst muss man bedenken, dass der Fonds den Markt von 2019 bis 2021 massiv outperformt hat (+139,2% gegenüber +55,1% beim EURO STOXX NR). Das erklärt auch, warum die Verluste so massiv waren. Die Bewertungen waren aufgrund der enormen Geldmengen, mit denen die Zentralbanken die Märkte geflutet haben, ambitioniert. Als die Debatten über Zinserhöhungen begannen, war die Auswirkung auf die Bewertungen immens. Dann kam der Krieg in der Ukraine und jetzt folgen die Rezessionsängste. Wir sind weiterhin zuversichtlich, weil Anleger angesichts einer sich abschwächenden Weltwirtschaft in schneller wachsende Unternehmen investiert sein möchten. Wenn die Inflation ihren Höhepunkt erreicht, wollen Investoren in Unternehmen mit starker Preissetzungsmacht investiert sein. Angesichts steigender Zinsen möchten sie Unternehmen mit geringer oder überhaupt keiner Verschuldung im Portfolio haben. Das ist die Art von Unternehmen, in die der Fonds investiert. Unbestritten ist die aktuelle Situation schwierig – aber ich bin überzeugt, dass dies die Art von Marktsituationen ist, die erstaunliche Kaufgelegenheiten bietet.
Smart Investor: Der Markt wird derzeit von geopolitischen Risiken mit drastischen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und Energieversorgung bestimmt. Inwieweit achten Sie bei der Aktienauswahl auf makroökonomische Faktoren?
Puga: Es liegt auf der Hand, dass wir auf geopolitische Risiken achten müssen. Aber diese Risiken sind schwer vorherzusagen, sodass wir es vorziehen, auf mittel- bis langfristige Trends zu achten, und zwar unabhängig von der Politik. Darum ist der Fonds nicht in staatsnahen Unternehmen engagiert. Wir betreiben kein Market Timing und sehen uns als wirkliche Stock Picker.
Smart Investor: In der jetzigen Marktphase kommen auch attraktive Unternehmen unter die Räder. Wo sehen Sie konkret Chancen?
Puga: Letzten Endes geht es um die Beantwortung der Frage: „Beeinträchtigt die aktuelle Entwicklung die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells meines Unternehmens?“ Wenn man sie verneinen kann, dann findet man bei sinkenden Kursen gute Chancen, z.B. bei der Sartorius AG. Seit Jahresbeginn hat die Aktie trotz sehr solider Ergebnisse und Wachstumsperspektiven 30% verloren. Das Management ist zuversichtlich, dass das Unternehmen weiterhin Marktanteile gewinnen kann. Eine weitere Chance sehen wir bei ASML (-34% seit Jahresbeginn). Auch wenn die Halbleiterindustrie zyklischer ist, bin ich überzeugt, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren so stark bleiben wird, dass sie ASML zugutekommt. Die Bilanz ist sehr positiv, sodass das Unternehmen massiv in die Produktion investieren kann, um mit der Nachfrage Schritt zu halten. Und der technologische Fortschritt gibt ihnen die Möglichkeit, die Preise zu erhöhen. Diese beiden Unternehmen werden jetzt auf dem Bewertungsniveau von 2019 gehandelt, was nicht mit den Fundamentaldaten und den Perspektiven ihrer jeweiligen Branche vereinbar zu sein scheint.
Smart Investor: Herr Puga, vielen Dank für die interessanten Ausführungen.
Graduiert mit dem Schwerpunkt auf Finanzen der EDHEC Business School und als CIIA startete Louis Puga seine Karriere bei La Caisse des Dépôts et Consignations als Staatsanleihenportfoliomanager für Emerging Markets, bevor er in das Aktienportfoliomanagement für Small- und Mid Caps wechselte. 2021 stieß er zur Société de Gestion Prévoir und übernahm ab Januar 2022 federführend das Management des Prevoir Gestion Actions (WKN Retailtranche: A1T7ND; Institranche: A114GU), welcher auf Mid- und Big Caps in Paneuropa fokussiert ist.