Kolumne
Gastbeitrag von Tobias Tretter, Commodity Capital AG
Die Fed erhöht die Zinsen um 0,75% und versucht mit dem größten Zinsschritt seit 1994, die massiv gestiegene Inflation zu bekämpfen. Das Ironische an diesem Panikschritt ist, dass die Fed noch im vergangenen Jahr von einer vorübergehenden höheren Inflation sprach und EZB-Chefin Lagarde noch immer davon ausgeht, dass die Inflation wieder auf 2% zurückgehen wird. Die Inflation wird sich nicht von selbst auflösen, sie ist nicht durch den Krieg in der Ukraine, die Lieferkettenprobleme oder gestiegene Rohstoffpreise entstanden, sondern durch die ausufernde Gelddruckerei der Notenbanken und deren Nullzinspolitik der vergangenen 20 Jahre.
Zurück in die 1970er?
Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten weit über unsere Verhältnisse gelebt und unsere Bedürfnisse mit kostenlosem Geld finanziert, das aber irgendwann durch eine Währungsreform oder eben höhere Inflation zurückbezahlt werden muss. Die aktuelle Situation erinnert stark an das Ende der 1970er-Jahre, und es wird bereits darüber diskutiert, ob Powell der neue Paul Volcker sein kann, der die Zinsen Ende der 1970er-Jahre von 5% auf nahe 20% anhob, um die Inflation zu brechen. Letztendlich sind die realen Zinsen die entscheidende Größe. Die Fed müsste aktuell den Zinssatz auf mindestens 9% anheben, um wieder positive reale Zinsen zu ermöglichen und die Inflation zu bekämpfen, wie es Volcker gemacht hat. Sie können sich vorstellen, welche Auswirkungen 9% Zinsen auf den Immobilienmarkt oder auf die Refinanzierung der weltweit überschuldeten Länder hätte. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Fed letztendlich den Kopf einzieht und die Zinsen weit unter der Inflationsrate belassen wird.
Inflation und Goldpreis
Einer weitverbreiteten Meinung zufolge sind steigende Zinsen schlecht für den Goldpreis. Das Gegenteil ist der Fall! Steigende Zinsen sind extrem positiv für den Goldpreis, wenn diese in einem Umfeld von zunehmender Inflation und negativen Realrenditen anziehen. Ein Szenario, in welchem wir infolge von Zinserhöhungen in eine Rezession gelangen und die Fed sich dafür entscheidet, die Zinsen nicht anzuheben, und anstelle dessen wieder beginnt, mehr Geld zu drucken, erscheint uns deutlich wahrscheinlicher als ein starker Zinsanstieg. Wir sehen die aktuelle Situation als idealen Nährboden für eine neue Goldpreishausse, sobald sich am Markt die Erkenntnis durchsetzt, dass die negativen Renditen langfristig erhalten bleiben werden.
Blick auf die Goldminen
Goldminen haben in den vergangenen Monaten weiter erheblich von den hohen Margen profitiert, die Fundamentaldaten verbessern sich weiterhin konstant. Der Goldminensektor ist neben dem Öl- und dem Basismetallsektor aktuell das Segment mit dem höchsten freien Cashflow im S&P 500 – an sich ein Grund zum Feiern, denn historisch gehörten Goldminen zu den Sektoren, die geringe Cashflows und Dividenden erwirtschafteten. Die positiven Fundamentaldaten stehen im Widerspruch zu den Bewertungen. Goldminen sind aktuell ähnlich bewertet wie im Jahr 2000, als der Goldpreis noch bei 250 USD je Unze notierte – ein schwer zu erklärender Zustand, der allerdings auch erhebliches Aufholpotenzial für die Aktien bietet. Dem Goldminensektor wurde in den vergangenen Jahren wenig Beachtung geschenkt, da Investoren in allen anderen Sektoren positive Renditen erwirtschaften konnten. Wir sehen insbesondere bei den Goldproduzenten und Junior-Goldminen in politisch stabilen Regionen erhebliche Chancen.
Als geschäftsführender Gesellschafter leitet Tobias Tretter die Commodity Capital AG seit ihrer Gründung 2009. Er fungiert dort als Portfoliomanager sowie als CIO und ist für die Investmententscheidungen der folgenden Fonds verantwortlich: Commodity Capital Global Mining Fonds (WKN: A0YDDD), Structured Solutions Next Generation Resources Fund (WKN: HAFX4V) sowie Structured Solutions Resource Income Fund (WKN: A2AT4F). Tretter erhielt seinen Prädikatsabschluss an der Universität Bayreuth mit einer Diplomarbeit über die Lebenszyklusanalyse von Rohstoffunternehmen. Seine Karriere begann Tretter bei der Credit Suisse Asset Management und setzte seine Erfahrung dann bei der Beratung des DJE Gold und Resourcen sowie der Stabilitas mit ein. 2017, 2018 und 2022 erhielt Tretter den Lipper Fund Award für den „besten Rohstofffonds Europas“ sowie weiter namhafte Auszeichnungen, beispielsweise den Mountainview Award (2021 und 2022).